Roadster-Test

Mazda MX-5: Das Gokart ist erwachsen

Motor
14.01.2009 14:09
Ist ein erwachsener MX-5 noch immer ein MX-5? Er ist. Denn der kleine Große hat seine Qualitäten behalten und neue hinzugewonnen. Er liegt immer noch wie ein Gokart, das Dach ist in Sekundenschnelle offen – und ein bisschen unvernünftig ist er auch noch.
(Bild: kmm)

Endlich kann auch ich mit meinen 1,88 Metern einen MX-5 fahren, ohne mich komplett zu verrenken. Bei der alten Version hat mich mein rechtes Knie am Lenken gehindert. Verlaufen kann man sich zwar noch nicht im Innenraum, die Beifahrerin bekommt schon Platzangst, wenn sie während der Fahrt ihre Handtasche im Fußraum stehen hat, und durch die steile Pedalstellung sind meine Füße immer ein bisschen verkrampft; aber wer hat behauptet, dass ein Roadster ein Roomster sein muss?  

Ein Roadster muss genau zwei Dinge können: gut aussehen und Spaß machen – und das hat der MX-5 vorbildlich drauf. Er wieselt um die Ecken wie ein Haken schlagender Feldhase, liegt in der Kurve wie ein Modellauto auf der Carrera-Bahn und hängt am Gas wie an einem Gummiband. Die Lenkung könnte direkter nicht sein, das Getriebe ist Herz erfrischend knackig, und beim Fahrwerk ist ein erstaunlicher Kompromiss gelungen: Einerseits ist es hart, damit das Gokart-ähnliche Fahrverhalten zustande kommt, andererseits ist es aber so unglaublich komfortabel, dass man sogar über Holperschwellen drüberpressen kann wie in einem VW Golf, ohne dass der Kopf am Fetzendachl anstößt oder die Bandscheiben La Paloma pfeifen (in meinem Fiat barchetta bricht das Kreuz schon beim halben Tempo). 

Jihaa, gib ihm die Sporen!
Mehr als die 1,8-Liter-Einstiegsversion mit 126 PS ist gar nicht nötig, die „Jinba Ittai“-Pferdchen galoppieren so munter, dass man glatt glauben könnte, sie wären gedopt. In 9,4 Sekunden ist der Hunderter erreicht, Höchsttempo ist 196 km/h. Sogar der Motorsound kann überzeugen. Wahlweise gibt es aber auch ein 160-PS-Triebwerk (Drehmoment: 167 Nm bzw. 188 Nm bei jeweils 5.000 Umdrehungen). „Jinba Ittai“ ist übrigens das japanische Ideal der Einheit zwischen Pferd und Reiter, dem sich Mazda verschrieben, und das offensichtlich mit Erfolg (dazu gehört wohl auch, dass das Auto hauteng am Fahrer anliegt). Die Sitze geben wunderbaren Seitenhalt und sind außerdem bequem (sofern der Body Mass Index des Fahrers unter 25 liegt). 

Sportwagengene inklusive
Der Roadster-Klassiker trägt inzwischen die Gene des hauseigenen Sportwagens RX-8 in sich, die Bodengruppe stammt aus dem Wankelmotor-Renner. Auch die Kotflügel erinnern an das Sportcoupé. Zum stattlicheren Auftritt tragen auch die gewachsenen Maße bei. Länge und Höhe nahmen um je 20, die Breite um 40 Millimeter zu. Doch sind es vor allem die vergrößerten Spurweiten – vorn um 75, hinten um 55 Millimeter– und die bis zu 17 Zoll großen Räder, die den neuen Mazda MX-5 satt auf der Straße stehen lassen. Trotz des zusätzlich um 65 Millimeter gestreckten Radstands behält der Roadster aber sein insgesamt kompaktes Gesamterscheinungsbild bei. Die Sitzposition ist extrem tief, der Schwerpunkt ebenfalls. Der Motor befindet sich wie gewohnt knapp hinter der Vorderachse, am Front-Mittelmotor-Konzept hat man also festgehalten.

Vorbildliches Verdeck
Absolut sensationell ist die Verdeckbedienung, natürlich manuell: Einen zentralen Hebel am Windschutzscheibenrahmen lösen, das Dach nach hinten werfen – fertig. Es rastet automatisch ein und braucht weder Persenning noch Deckel. Schließen geht genauso schnell: Hebel zwischen den Sitzen ziehen, nach hinten greifen, völlig ohne Kraftaufwand das Dach herausziehen, Hebel schließen – fertig! Und der Clou ist nach wie vor die beheizbare Glasheckscheibe.

Sportlich edel, aber unsinnig
Im Innenraum gibt sich der Mazda sportlich edel: Klavierlackoptik an der Armaturenkonsole macht was her, das Plastik drum herum wirkt aber eher billig. Klassische Rundinstrumente mit Chromumrandung erfreuen das Fahrerauge, das Soundsystem die Ohren (auch bei schneller Offenfahrt; zwei zusätzliche Lautsprecher optional).

Wirklich sinnvoll gestaltet ist der Innenraum aber nicht. Am schlimmsten sind die beiden Becherhalter zwischen den Sitzen. Wenn man sie benutzt, kann man praktisch nicht mehr schalten, weil der Weg des Arms zum Schalthebel blockiert wird. Anderweitig nutzen kann man sie aber auch nicht, weil dann der Schiebedeckel nicht mehr zugeht. Der Becherhalter in der Fahrertür drückt sich unangenehm in mein Bein, ein Türablagefach gibt es nicht. Fast schon witzig sind die beiden Fächer hinter den Rücklehnen. Um an ihren Inhalt zu kommen, muss man aussteigen und die Lehne nach vorn klappen. Als CD-Fach für die Fahrt also eher ungeeignet. Neben dem Handschuhfach gibt es nur ein einziges nutzbares Fach, und das befindet sich zwischen den Sitzen in der Rückwand. Schon das kurzzeitige Ablegen der Sonnenbrille fordert den Erfindungsreichtum des Fahrers.

Nervige Kleinigkeiten
Eine kleine Lästigkeit sind die Fensterheber. One-Touch-Betrieb funktioniert nur beim Öffnen des linken Seitenfensters, beim Schließen muss der Finger am Knopf bleiben, und rechts geht One Touch gar nicht. Und warum bitte muss der Beifahrer-Gurtwarner schon piepsen, wenn eine Tasche am Sitz liegt?

Der Kofferraum ist vorhanden. So weit, so gut. Aber er ist klein und zerklüftet, was die Nutzbarkeit der 150 Liter Stauraum nicht steigert. Dabei liegt nicht einmal ein Reserverad drin, ein Refill-Kit muss reichen. Schade, dass auch bei geschlossenem Verdeck der Verdeckkasten kaum nutzbar ist, man erreicht ihn kaum.

Rangieren geht nicht ganz so leicht wie in anderen offenen Zweisitzern, weil es dem Fahrer schwer fällt, sich umzudrehen. Den Arm hinter die Lehne legen fällt wegen Platzmangel aus. Angenehm ist mir dagegen aufgefallen, dass man im Innenraum trocken bleibt, wenn man bei offenen Seitenfenstern und offenem Verdeck den Scheibenwascher betätigt.

Fazit:
Der Mazda MX-5 ist ein echtes Spaßauto, das tatsächlich zum Kurvenräubern verleitet. Je kleiner die Insassen, desto mehr Freude haben sie beim Fahren. Wer hat gesagt, dass ein Roadster geräumig und vernünftig sein muss? Man merkt: Der MX-5 ist als Roadster konzipiert. Er ist keine aufgeschnittene Limousine und auch kein Kleinwagen mit sportlichem Anzug. Der MX-5 ist der MX-5 ist der MX-5, und den lieben wir, wie er die Kurven.

Stephan Schätzl

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(Bild: kmm)



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