Nur nicht fliegen!

Kawasaki Ninja H2: Kompressor-Bike mit Zulassung

05.11.2014 00:29

Welche Art Motor wird man in aller Regel nicht in einem Motorrad finden? Also, abgesehen von einem Diesel? Richtig: eine aufgeladene Maschine. Kawasaki hat so was aber bekanntlich auf der Intermot vorgestellt, die Ninja H2R. Auf der EICMA hingegen steht nun die Version mit Straßenzulassung, dafür ohne R im Namen – und die Japaner haben nun auch die Leistungsdaten des Wahnsinnsbikes veröffentlicht.

Bisher war immer nur von 300 PS die Rede, die der 998-cm³-Vierzylinder freisetzt, doch da haben die Grünen wohl sogar untertrieben: 310 PS sind es, welche das abenteuerlich gestaltete Bike in den Boden stampft, mit Ram-Air-Effekt sogar 326 PS. Auf öffentlichen Straßen darf dieses Ding aber nicht bewegt werden.

Für diesen Zweck gibt es jetzt die Kawasaki Ninja H2 (oder auch ZX1000NFF), deren Leistung auf 200 PS reduziert wurde, was im Vergleich der Supersportler nicht wirklich umhaut. Auch das maximale Drehmoment von 133,5 Nm, das zudem erst bei 10.500/min. anliegt, lockt die Katze noch nicht hinterm Ofen vor. Allerdings schwört man bei Kawasaki, dass das Gefühl von allgegenwärtiger Power so ungewöhnlich stark ist, dass man 30 bis 40 PS mehr vermuten würde. Das müssen wir so lange so stehen lassen, bis wir eine H2 zum Testen bekommen.

Jedenfalls schaut sie aus, als wäre sie was ganz Arges, Flügelwerk allüberall soll für aerodynamische Stabilität sorgen, die Kawa wirkt, als wäre sie so schnell, dass sie ohne das Geflügel völlig unfahrbar wäre. Zum Beispiel wurden die aerodynamischen Spiegelstreben zusammen mit der Luftfahrtabteilung Kawasaki Aerospace konzipiert, damit eben genau das – nämlich Luftfahrt – nicht versehentlich passiert. Die obere Verkleidung beinhaltet einen "Kinnspoiler". Das Leergewicht beträgt 238 kg.

Noch was schaut arg aus: die Lackierung. Das hohe Reflexionsvermögen des Lacks wird durch eine Reaktion zwischen Silberionen und einem Reduziermittel hervorgerufen, die an der Oberfläche eine Schicht aus reinem Silber bewirkt.

Der Kompressor wurde von Kawasaki selbst entwickelt, kommt ohne Ladeluftkühler und eigene Schmierung aus und sitzt zentral hinter der Zylinderreihe, "wodurch er die komprimierte Ansaugluft auf alle vier Zylinder gleichmäßig verteilen kann", sagt der Hersteller. Der Lader wird durch die Kurbelwelle über einen Planetensatz angetrieben. Geschaltet wird über ein sogenanntes "Dog-Ring"-Getriebe mit Anti-Hopping-Kupplung.

Der Gitterrohrrahmen verwendet den Motor als tragendes Element. Erstmals bei Kawasaki wird eine Einarmschwinge verwendet, der Kayaba-Monodämpfer ist voll einstellbar. Die Gabel basiert auf den für der Motocross-Rennsport entwickelten Gabel mit separaten Luft- und Ölkammern und soll besonders sanft ansprechen. Vorne bremst ein massives, halbschwimmend gelagertes Brembo-Bremssattelpaar mit 330-mm-Scheiben (5,5 mm Dicke), hinten eine 250er-Scheibe.

Das Fahrerform-Dreieck ähnelt dem bei der Ninja ZX-10R, doch sitzt man entspannter. Seitliche Beckenpolster halten den Fahrer auch bei brachialer Beschleunigung sicher auf dem Sitz. Sie lassen sich bis zu 15 mm nach hinten versetzen, um unterschiedlichen Körpergrößen Rechnung zu tragen.

Traktionskontrolle und ein Rain-Modus, der die Leistung auf 50 Prozent reduziert, sind Serie, ebenso Quick Shifter, Launch Control, Motorbremsregelung und ein elektronisch geregelter Lenkungsdämpfer.

Fehlt nur noch ein Turbodiesel auf zwei Rädern. Blödsinn? Das hätte mancher auch über die H2 gesagt, bevor sie herauskam. Und erst recht über die H2R.