Kleiner Wilder

BMW 135i: M3 für auch nicht Arme

Motor
14.01.2009 12:16
Nüchtern betrachtet ist das BMW 1er-Coupé ein zweitüriger Kompaktwagen, der so harmlos wirkt, als könnte er kein Wässerchen trüben. Doch ohne Emotionen betrachtet man diesen Wagen nur, solange man ihn noch nicht in der Version 135i gefahren hat. Da ist er nämlich ein M3 in klein.
(Bild: kmm)

Böse Zungen würden gar behaupten, es handle sich um einen M3 für Arme, doch bei einem Testwagenpreis von gut 53.000 Euro sind Mindestlohnbezieher sicher ausgeschlossen, auch wenn beim M3 schon der Grundpreis ohne NoVa und MWSt. höher ist.

Die Daseinsberechtigung des kleinen Coupés sieht BMW im seligen BMW 2002, der in der entsprechenden Bauform aber damals nicht Coupé sondern Touring hieß und mäßig erfolgreich war. Coupé klingt doch gleich viel besser. Im Fall des Testwagens mit dem Zusatz 135i. M1 darf er nicht heißen, obwohl das M-Paket u.a. mit Sportfahrwerk serienmäßig ist. Die Bezeichnung hat allerdings für alle Zeiten der legendäre Mittelmotorsportwagen (siehe Infobox) gepachtet.

Twin Turbo statt Hubraum
Verdient hätte der Dreiliter-Einser das M allemal, schon der Motorsound lässt die Nackenhärchen vibrieren, und der Tritt aus Gaspedal lässt endgültig das Adrenalin plätschern. 5,3 Sekunden von 0 auf 100 und Schub schon aus untersten Drehzahlen: Die maximal 400 Nm liegen schon bei 1.300/min an und bleiben konstant bis 5.000 Touren! Der Motor ist turbogeladen? Nicht zu merken, ein Turboloch ist definitiv nicht vorhanden. Einen noch besseren Abzug verhindert das für so ein kleines Auto erstaunlich hohe Gewicht von 1.560 Kilo (ein Porsche Cayman S wiegt 200 Kilo weniger!).

ESP mit Spaßstufe
Das ESP (hier heißt es DSC) lässt sich zweistufig abschalten. Im Normalbetrieb regelt es sanft, aber kompromisslos, Stufe 1 (DTC-Modus) lässt einiges an Radschlupf zu und steht für relativ sicheren Fahrspaß, innere Vokuhila-Träger fahren so an der Kreuzung los, wenn die Ampel auf Grün schaltet. Auf Stufe 2 sollten sich nur erfahrene Piloten wagen, denn ungezügelte 306 PS an der Hinterachse weisen bisweilen den schnellsten Weg zum nächsten Baum, was der gelungenen Karosserielinie nicht gut täte. Ganz ohne Elektronik geht es aber auch ohne DSC nicht, eine Differentialsperre verhindert das Durchdrehen des kurveninneren Hinterrades, zwecks traumhaften Herausbeschleunigens.

Es lebe der Rundkurs
Auf dem Rundkurs des Driving Camps in Pachfurth (nahe Wien) zeigt sich: Der 135i ist eine feine Fahrmaschine mit hervorragendem Handling und perfekter Lenkung (auch dank der Abwesenheit von Antriebskräften). Leichtfüßig wieselt er durch die Schikane, geradezu spielerisch lassen sich schnelle Kurven im Grenzbereich ziehen, intaktes Popometer vorausgesetzt. Aber ohne verbietet sich der Druck auf den DSC-Knopf sowieso. Einziges Manko am Testwagen: Schnelles Herunterschalten auf den zweiten Gang endet häufig an Ecken und Kanten in der Schaltgasse. Das geht sauberer!

Einer für alle Tage
Und im Alltag? Keine wirklichen Probleme. Das M-Sportfahrwerk erweist sich sogar als schwiegermuttertauglich. Der Innenraum könnte etwas mehr Emotionen vertragen, aber das typische BMW-Interieur hat was Verlässliches. Der Kofferraum fasst 370 Liter und lässt sich ratzfatz durch Umklappen der Rücksitzlehnen erweitern. Mit herausgenommenem Vorderrad bringe ich sogar mein Mountainbike rein, die Ladekante ist niedrig genug. Die Vorderleute haben ausreichend Platz und sitzen gut, die Sportsitze bieten idealen Halt, die verlängerbare Sitzfläche ist sehr angenehm. Die Rückbank ist eher was für Kleingewachsene.

Den Spritverbrauch hat man im Gasfuß. Wer die 306 Pferdchen hemmungslos springen lässt und in der Stadt generell im DTC-Modus mit durchdrehenden Rädern von der Ampel startet, muss oft zur Tankstelle. Auf dem Heimweg von Italien nach Wien im geschwindigkeitsmäßig preiswerten Bereich (okay, hin und wieder hat mich der Hafer gestochen) hat der schnelle Münchner ziemlich genau 9 Liter auf 100 km verbraucht.

Fazit:
Klar, für einen Kompaktwagen ist der Preis heftig (Testwagen über 53.000, Grundpreis über 46.000 Euro). Aber angesichts dessen, was man hier geboten bekommt, ist er echt angemessen. Dieser kleine BMW ist ein Porschejäger, dabei ist das adäquate Wild 20.000 Euro teurer!

Stephan Schätzl

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(Bild: kmm)



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