Rockiges Déjà-vu

Mando Diao live in Wien

Musik
29.02.2008 10:57
Schön langsam könnten sie sich in Wien eine Wohnung mieten: Drei Konzerte haben Mando Diao in den letzten neun Monaten in Österreich gegeben, dazu kommen noch die vier Soloshows von Björn Dixgård im November letzten Jahres. Doch auch am Donnerstag schafften es die fünf Schweden erneut, die Stehplätze in der Wiener Stadthalle halbwegs voll zu bekommen und für brodelnde Konzertstimmung bei rund 4.500 durchwegs jungen Zusehern zu sorgen.
(Bild: kmm)

"Wir fühlen uns wie bei einem Comeback", sagte Gustaf Norén (Bild) nach einer furiosen Eröffnung mit "One Blood" vom neuen Album "Never Seen The Light Of Day" und "White Wall" von "Hurricane Bar". Im Gegensatz zu ihrem FM4-Showcase am 30. Oktober des Vorjahres hatte die Band diesmal keine kräftezehrende Festivaltour hinter sich, war ausgeschlafen, ohne Migräne und gab heuer erst ihr viertes Konzert. Am Dienstag hatten sie in Stuttgart gespielt, Anfang Jänner zweimal in Chile. Davor gab's zwei Monate Urlaub, nur Björn Dixgård hatte es mit seiner Solo-Tour wissen wollen. Ihre letzte Show in der Stadthalle hatte erst im November 2006 stattgefunden, am Freitag steht München auf dem Spielplan.

Déjà-vu mit neuer Bühne und neuen Songs
In den letzten neun Monaten haben sich Mando Diao natürlich nicht neu erfunden. Auch für die fünf Schweden hat es mittlerweile etwas Vertrautes, wenn sie "Hello Vienna" rufen. Anders als bisher waren an der Show am Donnerstag nur die in weiß gehaltene Bühne, die ein massives Podest für Drummer Samuel Giers und Keyboarder Mats Björke umfasste, hinten baumelte "MANDO DIAO" in großen Lettern von einer drei Meter hohen Brücke; und natürlich die Songs vom aktuellen Album "Never Seen The Light Of Day", die Mando Diao bisher nur beim FM4-Showcase auf österreichischem Boden angespielt hatten.

Behutsam hatte man für das neue Programm die Single "If I Don't Live Today, Then I Might Be Here Tomorrow", das röhrende "Mexican Hardcore", "Never Seen The Light Of Day", "One Blood" und das beatle-eske "Train On Fire" aus dem frischen Longplayer gepickt. Die instrumentale Vielfalt der Platte, die in einem kreativen Gewaltmarsch und in weniger als vierzehn Tagen entstand, konnten Mando Diao aus Mangel an Streichern und den ohne eine Heerschar von Samplern und Synthesizern wohl unaufführbaren Soundtüfteleien von Produzent Björn Olsson nicht reproduzieren - sehr wohl aber den Drive und die Unbändigkeit der Songs. Zur Unterstützung waren dafür auch zwei Bläser dabei, die zwischendurch mäßig motiviert an der Percussion klopften, wenn die Tröterei gerade nicht passte. Das Publikum ging dafür voll mit und hatte den Großteil der Texte auswendig gelernt. Somit darf die österreichische Live-Uraufführung des neuen Materials als absolut geglückt bezeichnet werden.

Etwas weniger vom Glück gesegnet waren die fünf Schweden mit ihren beiden Tontechnikern. Für die ersten vierzig Minuten der etwas über andertalb Stunden langen Show ernteten die Herren am Mischpult böse Blicke aus den rückwärtigen Stehreihen. Ein breiiger Gitarrenmatsch wurde da Anfangs nach hinten gereicht, nur bis zur Mitte konnte man satten Sound genießen. Es dauerte dann bis "Good Morning Herr Horst" bis das, was aus den Lautsprechern kam, endlich mit den mitreißenden Energieschüben zusammenpasste, die Mando Diao von der Bühne transportierten. Faszinierend bleibt an den fünf Schweden, dass man ihrer nicht überdrüssig werden kann - selbst wenn man die Herren aus Borlänge am Donnerstag zum zweiten oder gar dritten Mal seit ihrem spätabendlichen Nova-Rock-Auftritt 2007 gesehen hat. Und das werden wohl einige Zuseher von sich behaupten können.

In der zweiten Hälfte des Konzerts drehten Mando Diao dann brav an den Hitknöpfen, rührten die Menge mit "Welcome Home, Luc Robitaille" gehörig auf, sorgten mit "All My Senses" für etwas Abkühlung, bevor mit "Oh God" und "Long Before Rock'n'Roll" das reguläre Set endete. Als Zugabe servierten sie "Down In The Past", "Sheepdog" und das nachdenkliche "Ochrasy", die inoffizielle Hymne ihrer vorletzten Platte, ein wunderbar poetischer Song über Aussteigerträumereien und gedanklichen Eskapismus in eine Phantasiewelt, der mit jedem Mal Live-Hören besser wird und eigentlich einer der ganz großen Mando-Diao-Hits sein müsste. Geschlossen wurde dann mit "You Can't Steal My Love". Die Kür fällt schwer, aber sagen wir's so: In Sachen Optik und Feeling war's ein Déjà-vu - musikalisch wurde am Donnerstag abseits des Tontechnik-Absackers jedoch großes Tennis gespielt.


Von Christoph Andert
Fotos: Andreas Graf

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