Ein Blues-Epos

“The Return Of The Fabulous Hofner Blue Notes”

Musik
12.02.2008 22:43
"CDs kann jeder machen", sagte Chris Rea im krone.at-Interview letztes Jahr. Der britische Slide-Gitarren-Meister hat genug von Silberscheiben in Plastikhüllen mit ein paar Bildchen und Texten im Booklet. Mit seinem 11-CD-Kompendium "Blue Guitars" hat er 2005 die Kategorie des Earbooks geschaffen und mit über 150.000 verkauften Exemplaren auf ehrliche Weise gutes Geld verdient, ohne von Plattenfirmen abhängig zu sein. Sein neues Earbook heißt "The Return Of The Fabulous Hofner Blue Notes" und erzählt anhand der Geschichte einer fiktiven Band die Geschichte einer legendären Gitarrenmarke und einer ganzen Blues-Ära, die von diesen Instrumente geprägt wurde.
(Bild: kmm)

Über den so genannten Umbruch in der Musikindustrie - der in letzter Zeit förmlich herbeigeschrieben werden soll - kann Chris Rea wohl nur lachen. Er erkannte schon vor fünf Jahren, dass man seine Musik, wenn er sie weiterhin nach den Regeln großer Plattenfirmen machen und kommentarlos auf CDs pressen würde, gewissenlos raubkopieren und verteilen werden wird. Aber Rea hatte gleichzeitig keine Lust auf Experimente à la Radiohead, neue Viralmarketingstrategien, mit denen nur andere Wege gefunden werden, den Leuten Geld aus der Tasche ziehen oder Vertriebsdeals mit Starbucks oder Live Nation, wo er seine Seele statt an Plattenfirmen an Kaffeesieder oder Konzertveranstalter verkauft.

Rea schuf etwas, für das Fans gerne Geld ausgeben wollten - der wohl einzige Weg für die Musikindustrie bzw. große Künstler, sich wieder zu finanziell erholen und den schlechten Ruf loszuwerden. Er setzte sich intensiv mit dem Thema Blues auseinander, recherchierte monatelang, kaufte unzähle Vintage-Gitarrenmodelle, mit denen er den Sound einer bestimmten Ära rekreieren konnte und produzierte für sein Kompendium "Blue Guitars" elf CDs, eine begleitende DVD und ein Buch, dass aus erklärenden Texten und von ihm gemalten Bildern besteht. 59,90 Euro kostet ein Earbook - und man gibt keinen Cent zuviel dafür aus.

"The Return Of The Fabulous Hofner Blue Notes"
Chris Rea, der "Blue Guitars" nach einer schweren Bauchspeicheldrüsenkrebserkrankung produzierte und vor zwei Jahren seine offizelle Abschiedstour spielte, kehrt auf "The Return Of The Fabulous Hofner Blue Notes" als Bandmitglied und Presenter wieder. Sein versprechen, das letzte Konzert als Chris Rea im April 2006 in Dublin gespielt zu haben, hat er somit gehalten.

Auf drei CDs und zwei Vinyl-Platten, die ein Best-Of der drei digitalen Tonträger enthalten, bringt er dem Zuhörer die Ära der legendären Gitarrenmarke Hofner näher (eigentlich Höfner, die bis heute in Deutschland ansässige Firma ließ das "ö" bei Aufdrucken auf den Gitarren allerdings fallen) und zugleich den Sound des Sechzigerjahre-Blueses, der von Bands, die diese Gitarren spielten, geprägt wurde. Verpackt ist das Ganze in die Geschichte der fiktiven Band "The Fabulous Hofner Blue Notes", die wiederum aus "The Delmonts" entstand. Geboten wird auf den drei CDs, die nach den Bandnamen getitelt sind, rauer, knackiger Blues-Sound, der viel europäischer und Rock'n'Roll-iger klingt, als Chris Reas Musik auf "Blue Guitars". Begleitet wird Rea von seinen langjährigen Gefährten (siehe Foto oben) Robert Ahwai an der Gitarre und Martin Ditcham an den Drums. Weiters unterstützten ihn die neu engagierten Musiker Neil Drinkwater (key) und Colin Hodgkinson (ba). Das neue Earbook kostet 49,90 Euro.

Ein digitales Preview mit Bildern aus dem Earbook und Hörproben zu allen drei CDs findest du in der Infobox!

Hofners, so erzählte Chris Rea auch im Interview (siehe Infobox), waren die Mini Coopers unter den Gitarren. Sie waren nicht arg billig, aber leistbar. "Der Traum vieler Gitarristen begann auf einer Hofner", sagt Rea. Auch er machte sehr früh Bekanntschaft mit dieser Marke und spielte sie lange Zeit, bevor er für seine Pop-Karriere vornehmlich auf eine feuerrote Fender Stratocaster setzte. Paul McCartneys Bassgitarre war zum Beispiel auch eine Hofner. Er spielte sie aber nicht nur, weil sie günstig war, sondern auch weil die Mensur kürzer war als bei normalen Bässen und für den Gitarristen McCartney somit leichter zu spielen. Wie viele andere Musiker schrieb er auf seinem Hofner-Instrument legendäre Songs und kehrte ihm bis heute nicht den Rücken. Chris Rea suchte für das neue Earbook eben dieses Feeling, dass die Musiker von damals hatten und legte sich dafür die Identität der "Delmonts" und der "Fabulous Hofner Blue Notes" zu. Beim Songschreiben schlüpfte er in die Gestalt eines jungen, kreativen Musikers, der auf dem einzigen Instrument, das er sich leisten kann, sein Bestes gibt. Und das ungeachtet der großen Bands, die mit den teuren US-Gitarren und Mainstream-Musik das große Geld machten.

Die Geschichte der Firma Höfner, die vor den 50ern jahrzehntelang Marktführer bei Streichinstrumenten war, verlief in den letzten beiden Jahrzehnten allerdings weniger rühmlich. In den Neunzigern wurde sie von einem amerikanischen Unternehmen aufgekauft, 1997 verkauft und ist seit 2005 wieder Familienunternehmen. Im Werk in Deutschland werden wieder hochwertige Akustik-und E-Instrumente gebaut. Die günstigen Gitarren produziert man nunmehr - mit deutlich weniger Charme als früher - in China.

Am 17. Februar live in Wien
Am Sonntag stellt Chris Rea sein Earbook im Wiener Gasometer vor. Die Zuhörer erwarten dabei - getreu der fiktiven Story - gleich zwei Bands. Als Vorgruppe kommen die "Delmonts" - übrigens benannt nach den Del-Monte-Bananen, ein Luxusgut im Großbritannien der Sechziger - und spielen die ersten vierzig Minuten lang Songs von der ersten Earbook-CD. Danach zelebrieren Rea und seine Kumpanen "The Return Of The Fabulous Hofner Blue Notes" und spielen unter anderem auch Reas größte Hits als Blues-Covers.

Ach ja, und für das Earbook gibt's...

10 von 10 fabulösen Bluesgitarristen


Christoph Andert

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