Blutbad in Karachi

139 Tote bei Anschlag auf Bhutto-Konvoi

Ausland
19.10.2007 17:56
Die Jubelfeiern anlässlich der Rückkehr der früheren pakistanischen Ministerpräsidentin Benazir Bhutto aus dem Exil haben am Donnerstagabend in einem Blutbad geendet: Bei einem Doppelanschlag auf den Konvoi Bhuttos starben in Karachi, der größten Stadt des Landes, mindestens 139 Menschen, Hunderte wurden verletzt. Bhutto selbst ist unverletzt. Bhuttos Ehemann Asif Ali Zardari machte am Freitag den pakistanischen Geheimdienst für den Anschlag verantwortlich.

"Ich gebe der Regierung die Schuld an diesen Anschlägen", sagte Asif Ali Zardari in Dubai dem Fernsehsender Aryone World Television.

Hinter dem Anschlag stünden nicht muslimische Extremisten, sondern pakistanische Geheimdienste, meinte Zardari. Auch Bhuttos Volkspartei PPP erhob schwere Vorwürfe gegen die pakistanischen Geheimdienste. Sie hätten versagt, sagte der hochrangige PPP-Funktionär Taj Haider dem Nachrichtensender Dawn. Er betonte, Bhutto werde sich durch Anschläge nicht vom "Kampf für die Sache der Armen" abhalten lassen. Pakistans Präsident Pervez Musharraf erklärte, der Anschlag sei eine "Verschwörung gegen die Demokratie".

Für die pakistanischen Behörden sind Extremisten für die Tat verantwortlich, die Bhutto offen mit dem Tod drohten, weil sie auf der Seite der USA in deren Kampf gegen den Terrorismus steht.

Selbstmordattentat
Ein Vertreter der Provinzregierung sagte, drei mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida und den radikalislamischen Taliban verbundene Gruppen hätten Selbstmordanschläge gegen Bhutto geplant. Erste Untersuchungen deuten den Behörden zufolge darauf hin, dass es sich um ein Selbstmordattentat handelt. Der Chefermittler in dem Fall, Munawar Mughal, sagte: "Wir konzentrieren uns auf einige Beweise, die wir am Tatort gesammelt haben, und auf den Kopf eines mutmaßlichen Selbstmordattentäters."

Anschlag auf Prozession
Der Anschlag ereignete sich während einer Prozession, mit der Bhutto und Hunderttausende Anhänger ihre Heimkehr aus dem Exil feierten. Zunächst explodierte nach ersten Ermittlungen der Polizei eine Granate. Dann habe sich ein Selbstmordattentäter neben Bhuttos Konvoi in die Luft gesprengt, sagte Karachis Polizeichef.

Bhutto selbst kam bei dem Attentat nicht zu Schaden. Sie sei sofort nach den Explosionen in ihre Residenz in Karachi gebracht worden, sagte Polizeichef Azhar Farooqi. An Bhuttos Lastwagen waren lediglich Scheiben zu Bruch gegangen, ein Fahrzeug der Polizeieskorte ging in Flammen auf.

Der Chefermittler, Munawar Mughal, sagte, dass sich die Polizei nun auf einige Beweise konzentriere, die am Tatort gesammelt wurden. Dazu gehöre unter anderem auch der Kopf eines mutmaßlichen Selbstmordattentäters.

Unruhen in Karachi
In mehreren Distrikten Karachis kam es nach dem Anschlag am Freitag zu Unruhen. Der öffentliche Nahverkehr wurde nahezu eingestellt, Schulen blieben geschlossen. Bhutto hält sich nach Angaben eines hochrangigen Funktionärs der Bhutto-Parte PPP in ihrer Familienresidenz in Karachi auf, um die sich zahlreiche ihrer Anhänger versammelt hätten. Der Parteifunktionär betonte, Bhutto werde sich durch Anschläge nicht vom "Kampf für die Sache der Armen" abhalten lassen.

UNO-Generalsekretär entsetzt
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich entsetzt über die Anschläge und verurteilte sie zutiefst, wie sein Büro in New York erklärte. Ban rief alle politischen Kräfte in Pakistan dazu auf, die nationale Einheit zu bewahren und zu stärken. Gordon Johndroe, der außenpolitische Sprecher von US-Präsident George W. Bush, betonte, es dürfte Extremisten nicht gestattet werden, freie und demokratische Wahlen in Pakistan zu verhindern. Das Volk müsse über seine Repräsentanten frei entscheiden können. Ähnlich äußerten sich auch die EU-Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfel in Lissabon.

Bhuttos Rückkehr nach acht Jahren Exil
Bhutto war am Donnerstagmittag nach acht Jahren im Exil nach Pakistan zurückgekehrt. Die ehemalige Ministerpräsidentin will bei den Wahlen im Jänner als Spitzenkandidaten ihrer Pakistanischen Volkspartei (PPP) antreten.

Der Anfang des Monats vom Parlament wiedergewählte Präsident Pervez Musharraf sieht sich einer wachsenden Opposition gegenüber. Zur Stärkung seiner Position führte er mit Bhutto Gespräche über ein mögliches Bündnis. Im Gegenzug erhielt Bhutto die Zusage, dass sie nach ihrer Rückkehr nicht mit einer Strafverfolgung wegen Korruption zu rechnen habe. Die Politikerin genießt nach zwei Regierungszeiten in weiten Teilen der pakistanischen Bevölkerung hohes Ansehen.

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