BAWAG-Prozess

Ex-Aufsichtsrat Tumpel rechnet ab

Österreich
03.10.2007 17:09
Zu einer Art Abrechnung früherer Aufsichtsräte der BAWAG mit den Angeklagten ist es am Mittwoch, dem 33. Verhandlungstag, im BAWAG-Prozess gekommen. Der ehemalige Aufsichtsratspräsident (bis 1997) und nunmehrige Arbeiterkammer-Präsident Herbert Tumpel sagte im Zeugenstand aus, er hätte den ganzen Aufsichtsrat über die 1998 eingetretenen Verluste informiert. Tumpels Nachfolger, der nun angeklagte Günter Weninger, tat dies nicht. Der Bank-Vorstand habe die 1995 bei der Wiederaufnahme der Flöttl-Geschäfte gegebenen Versprechen nicht eingehalten, rügte Tumpel.

Tumpel teilte nicht die Einschätzung der angeklagten BAWAG-Vorstände und seines Nachfolgers Günter Weninger, wonach der Aufsichtsrat der früheren Gewerkschaftsbank "undicht" war. Er hätte sich daher anders als sein Nachfolger, der ab 1997 amtierende Aufsichtsratspräsident Günter Weninger, verhalten. Weninger hatte den Aufsichtsrat im Oktober 1998 und auch später nicht von den eingetretenen Verlusten unterrichtet. Er könne allerdings Weningers Wissensstand zum damaligen Zeitpunkt nicht beurteilen, meinte Tumpel einschränkend.

Auch Foglar geht hart ins Gericht
Der langjährige frühere BAWAG-Aufsichtsrat, Metallergewerkschaftschef Erich Foglar, ging in seiner Zeugenaussage noch härter als Tumpel mit den Angeklagten ins Gericht. Der erste Totalverlust im Herbst 1998 hätte dem ganzen Aufsichtsrat mitgeteilt werden müssen, dieser hätte dann eine Prüfung in Auftrag gegeben und vermutlich den Vorstand abgelöst. "Ich gehe davon aus, dass nicht dieser Vorstand das Problem gelöst hätte, sondern ein anderer", sagte der Gewerkschafter.

Durch das Verheimlichen der Verluste 1998 sei es erst möglich geworden, "dass man wie im Casino weiterspielt". Der erste Totalverlust im Oktober 1998 in Höhe von 640 Mio. Dollar (451 Mio. Euro) wäre sicher leichter zu beheben gewesen als der schließlich Ende 2000 vorliegende Gesamtverlust von 1,44 Mrd. Euro, betonte Foglar.

Der ÖGB-Spitzenfunktionär Foglar kritisierte insbesondere den damaligen ÖGB-Präsidenten Fritz Verzetnitsch. Die BAWAG sei immer der größte Wert des ÖGB und seiner 1,3 Millionen Mitglieder gewesen. "Wenn mir jemand sagt, es ist bei deinem größten Vermögenswert ein Verlust entstanden, und mich interessiert nicht einmal, wie hoch der Verlust war, verstehe ich das überhaupt nicht", rügte er Verzetnitsch.

In die selbe Kerbe schlug der langjährige frühere BAWAG-Aufsichtsrat Eduard Aschenbrenner von der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten (GdG) bei seiner Zeugeneinvernahme. Der Vorstand habe 1995 unter Generaldirektor Elsner die Wiederaufnahme der Geschäfte mit Wolfgang Flöttl damit begründet, dass die Geschäfte sehr risikoarm seien und einen großen Ertrag brächten. 1998 wurden die Flöttl-Geschäfte als beendet dargestellt, "Grund der Einstellung war, dass es sich nicht mehr rentiert". Die BAWAG hatte zu diesem Zeitpunkt in Folge von Flöttls Spekulationen bereits 640 Mio. Dollar verloren, dies wurde dem Aufsichtsrat aber nicht mitgeteilt.

Von den weiteren, ab Herbst 1998 erfolgten Investments mit Flöttl erfuhr der Aufsichtsrat nichts mehr. Er hätte diese sicher nicht genehmigt, betonte Aschenbrenner. Er fühle sich grundsätzlich getäuscht, "weil keine Berichte in dieser Angelegenheit mehr vorgelegt worden sind". Aschenbrenner versicherte, ein Beschluss des Aufsichtsrats, den Vorstand bzw. Teile des Vorstands abzulösen, wäre 1998 denkbar gewesen, wenn das Kontrollgremium vom sogenannten Totalverlust erfahren hätte und dem Vorstand "Schuldhaftigkeit" nachweisbar gewesen wäre.

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