Freiwillige Kapitulation so hautnah am Gipfel – eine Entscheidung, die der weltbesten Bergsteigerin höllisch schwer fiel. Doch diese war ein Gebot der Vernunft: Der 35-stündige Aufstieg durch den kräfteraubenden Tiefschnee und bei heftigem Wind hatte auch Powerfrau Gerlinde Kaltenbrunner (36) das Letzte abverlangt. „Ich bin beim Aufstieg mehrmals eingeschlafen – es geht mir nicht ganz so gut“, meldete sie sich gestern um 2.30 Uhr früh bei ihrem besorgten Ehemann Ralf Dujmovits. Dessen Warnung: „Aufpassen Gerlinde, mach bitte ja keinen Blödsinn!“
Die übrigen fünf Expeditionsteilnehmer hatten zuvor aufgegeben. Doch Kaltenbrunner wehrte sich mit letzter Kraft dagegen. Nach nur einer Stunde Schlaf im schlecht aufgebauten Zelt wollte sie weiter. Lange massierte sie die eiskalten, gefühllosen Zehen, die sie sich bei der Besteigung des Gasherbrum II angefroren hatte. „Bitte rechtzeitig umkehren!“, funkte Ralf um 5.45 Uhr nach „oben“.
Das Spuren im Neuschnee hatte nicht nur die ganze Kraft, sondern auch mehr Stunden als geplant gekostet. Wegen des drohenden Wetterumsturzes wollten sie bis Mittag am Gipfel sein und spätestens um 15 Uhr wieder absteigen. Dieser Wettlauf mit der Zeit war nicht mehr zu gewinnen. Um 10.15 Uhr die Entscheidung zur Aufgabe – Gerlinde vertraute ihrem „Bauchgefühl“, das schon das ein oder andere Mal zu ihrem Lebensretter geworden war. Hellwach trotz Müdigkeit „witterte“ sie unterhalb des „Flaschenhals“ Schneebrettgefahr.
“Gut entschieden, mein Inneres jubelt“, funkte Ralf Dujmovits befreit nach oben. Noch gestern abends konnte er seine Gerlinde im Basislager nach dem stundenlangem Abstieg überglücklich in die Arme schließen. Heute werden die Zelte abgebaut. Doch eines ist ganz sicher: Gerlinde Kaltenbrunner wird wieder kommen – die Magie des K2 lässt sie nicht los…
Foto: AMICAL Alpin
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