Kärntens Grünen-Landessprecher Rolf Holub, dessen Partei das Schicksal der Frau am Vormittag in einer Aussendung publik machte, zeigte erfreut, dass auf die Abschiebung praktisch in letzter Minute verzichtet wurde. Das Asylverfahren sei für die Frau zwar negativ ausgegangen und Anträge auf Familienzusammenführung abgewiesen worden, es könne aber „nicht im Sinne eines Gesetzes sein, Halbwaisen zu produzieren“.
Polizei: „Waren sehr bemüht, gütliche Lösung zu erzielen“
Die Polizei wehrte sich indes gegen Vorwürfe, unmenschlich vorgegangen zu sein. „Wir haben in den vergangenen Monaten mehrmals versucht der Frau beizubringen, dass sie ins Ausland reisen und einen Antrag einbringen muss“, erklärte der Villacher Polizeijurist Markus Plazer gegenüber dem ORF-Radio Kärnten. Dabei würde es sich nur um einen „Formalakt“ handeln. Die Türkin habe sich aber geweigert, diesem Ansinnen nachzukommen und stattdessen den Antrag auf Niederlassungsbewilligung in Österreich gestellt. Dieser sei dann entsprechend dem Gesetz abgewiesen worden, zuletzt auch vom OGH. Gerade in diesem Fall habe man sich sehr bemüht, eine gütliche Lösung zu erzielen, erläuterte Plazer. Allerdings habe die Frau seit ihrer Einreise vor zwei Jahren die Chance auf gesetzesmäßige Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nicht wahrgenommen. Dies könne sie jetzt nachholen, sagte der Polizeijurist.
Die Kärntner Grünen hatten zuvor bei Bundespräsident, Bundeskanzler und Innenminister wegen „grausamer Unmenschlichkeit“ interveniert: „Was ist das für ein Land, in dem eine Mutter von ihrem acht Monate alten Baby weggerissen wird?“, fragte Grünen-Landessprecher Rolf Holub in einer Aussendung. Diese „zutiefst herzlose Vorgangsweise“ erinnere an schreckliche vergangene Zeiten. Holub: „Wenn die Frau erst einmal in der Türkei ist, stehen ihre Chancen schlecht, dass sie wieder nach Österreich zurückkehren kann. Beide Kinder verfügen jedoch über eine gültige Aufenthaltsbewilligung in Österreich. Niemand kann wirklich wollen, dass die beiden Kinder ohne ihre Mutter aufwachsen müssen.“
Der Brief von Holub an Platter im Wortlaut:
„Frau Derya Ö., Mutter zweier kleiner Kinder, ist heute um 7.20 Uhr von der Fremdenpolizei festgenommen worden und soll heute noch in die Türkei abgeschoben und somit von ihren Kindern getrennt werden. Das Tragische dabei: ein Baby von Frau Ö. ist erst 8 Monate alt und muss noch gestillt werden. Frau Ö. ist mit einem österreichischen Staatsbürger, Herrn Fehmi Ö.verheiratet, beide Kinder (Helin, geb. am 11.10.2005 und Hava, geb. 22.11.2006) verfügen über eine Aufenthaltsbewilligung. Diese Abschiebung stellt einen massiven Eingriff in das Recht auf Familienleben dar und ist zutiefst unmenschlich. Die Kärntner Grünen appellieren daher an Sie, in diesem Fall rasch und unbürokratisch zu handeln und diese menschenunwürdige Vorgangsweise des Abschiebens zu verhindern. Die Mutter soll weiter bei ihrer Familie in Kärnten bleiben können.“
Antrag abgewiesen, Frau leistete Ausreiseforderung nicht Folge
Laut Grünen ist Derya Ö. vor zwei Jahren mit einem Touristenvisum nach Österreich eingereist und hat ein Asylverfahren geführt, das nun zu Ende ist. Anträge auf eine so genannte „Familiengemeinschaft“ wurden nach neuer Gesetzeslage von 2005 abgewiesen. Der Aufforderung zur Ausreise hat sie nicht Folge geleistet, daher wurde sie von der Fremdenpolizei in Schubhaft genommen, so die stellvertretende Bundessprecherin der Grünen, Eva Glawischnig.
Wer aus einem Nicht-EU-Land stammt und einen Österreicher oder eine Österreicherin heiratet, erlangt damit nicht per se einen Aufenthaltstitel. Man stellt einen „Antrag auf Familiengemeinschaft“ mit dem jeweiligen Ehepartner und muss diesen unter Erfüllung zahlreicher Bedingungen (z.B.: Gemeinsames Einkommen muss bei etwas über tausend Euro netto liegen) bewilligt bekommen. Dazu sind noch verschiedene Einreich-Fristen genau einzuhalten. Unter Umständen muss der Antrag auch vom Ausland aus gestellt werden. Das Gestetz erlaubt es jedoch, dass Behörden auch im Inland Aufenthaltstitel vergeben. Noch dazu kann das Innenministerium jederzeit Ausnahmen genehmigen oder in besonderen Fällen einen so genannten „humanitären Aufenthaltstitel“ ohne besondere Auflagen ernennen.
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