steirischer herbst

Interview mit Intendantin Ekaterina Degot

Steiermark
19.01.2018 15:48

Seit 1. Jänner ist Ekaterina Degot als Intendantin des steirischen herbst in Amt und Würden. Die kurze Vorbereitungszeit seit ihrer Bestellung im Frühjahr 2017 hat sie genützt, um sich mit Geschichte und Gegenwart von Graz, der Steiermark und des Festivals vertraut zu machen. Anfang März will sie ihr Programm für 2018 vorstellen. Wir trafen sie vorab zu einem informellen Gespräch.

Wie geht man damit um, dass der herbst zum einen an internationale Strömungen und Szenen andocken soll, das Festival zugleich traditionell regional geprägt ist?


Graz hat ein sehr interessantes kulturelles Leben. Wir werden aber auch versuchen, Künstler von außen einzubinden, damit sie sich vom lokalen Kontext inspirieren lassen können. Da geht’s auch um längere Aufenthalte, um die Anknüpfung von Kontakten. Lokale Kooperationen sind als historisches Erbe des herbst ganz wichtig. Aber die Liste von Partnern sollte jedes Jahr anders aussehen, und solche Kooperationen können unterschiedlichste Formen annehmen.

Regionales und Internationales zu vereinen, das birgt auch Konfliktpotenzial.

Ich halte Konflikte generell für produktiv, der herbst ist zu seiner Gründung vor 50 Jahren schon als Festival konzipiert worden, das Konflikte entstehen lassen soll. Konservative haben das Progressive in Stellung gegen das Reaktionäre gebracht. Diese Spannung zwischen Gesellschaft und Avantgarde war erwünscht. Das ist auch der interessanteste Widerspruch des Festivals: Es wird einerseits von der Politik getragen und geschätzt, aber es wird auch erwartet, dass es eine Spannung zur Gesellschaft aufbaut und provoziert.

Apropos provozieren: Braucht der herbst Skandale?

Schockieren um des Schocks willen ist sicher keine Absicht von uns. Das ist nicht interessant. Es geht um komplexe Diskussionen, darum, Dinge nicht zu vereinfachen.

Als der herbst vor 50 Jahren gegründet wurde, gab es kaum Festivals für Gegenwartskultur. Heute gibt es eine Vielzahl davon, die untereinander auch noch vernetzt sind. Wie bleibt man da unverwechselbar?

Durch das Spezifische des Ortes, das auch auf die Inhalte Auswirkungen hat. Wo sind wir? Was sagt uns die Situation der Steiermark über die Welt? Mich interessiert der "lokale Gloablismus", der hier eingeschrieben ist. Und das soll an Orten passieren, die auch ästhetisch und inhaltlich einen Sinn ergeben.

Der herbst war immer ein Mehrsparten-Festival, verschiedene Intendantinnen und Intendanten haben ihm unterschiedliche Schwerpunkte gegeben. Sie sind in der Bildenden Kunst zu verorten, wie sorgen sie da für die Mehrspartigkeit?

Die Bildende Kunst reduziert sich ja nicht auf Malerei und Skulptur. Sie ist multidisziplinäre Kunst schlechthin. Wenn man mit einem Bildenden Künstler ein Projekt macht, weiß ich in vielen Fällen überhaupt nicht, was dieser produzieren wird. Schreibt er einen Roman, oder macht er ein Gebäude, oder ein Konzert oder eine Theaterproduktion? Deshalb existiert dieses Problem der verschiedenen Sparten für mich überhaupt nicht. Kern des Multidisziplinären ist der Diskurs - die Diskussion, worum es bei all dieser Kunst eigentlich geht.

Sie haben angekündigt, dass sie den herbst wieder politischer machen wollen.

Das Politische ist ja von vornherein festgelegt - wenn sich Kunst mit der Gegenwart beschäftigt, wird sie automatisch politisch. Wie sehr Kunst politisch sein kann, hängt natürlich auch vom Kontext ab, in dem sie entsteht. Auch ein abstraktes Gemälde kann sehr politisch sein.

Sie sind letztes Frühjahr bestellt worden, sie haben also nur sehr kurze Zeit, um ein Festival zu programmieren.

Das war halt unvermeidlich. Wir sehen das Festival 2018 als einen Prolog, der auch eine Vorstellung von der Richtung geben soll, wohin wir 2019 gehen. Das heißt aber nicht, dass es eine Ausgabe mit weniger Projekten sein wird. Wir eröffnen damit eine Linie.


Die Struktur, dass das Festival mit Einzelnen Produktionen in die Regionen der Steiermark geht, bleibt?

Ich möchte die Arbeit in den Regionen der Steiermark unbedingt fortsetzen, die verschiedenen Orte finde ich ungeheuer interessant. Im ersten Jahr werden wir auch hier eine Linie vorgeben können.

Martin Gasser
Martin Gasser
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