Meinungsmanipulation

Facebook und der Schatten der US-Präsidentenwahl

Web
04.12.2017 10:03

Unmittelbar nach der US-Präsidentenwahl im November 2016 bestritt Facebook-Chef Mark Zuckerberg noch vehement, gefälschte Nachrichten und Propaganda beim weltgrößten Online-Netzwerk könnten den Ausgang des Rennens ums Weiße Haus beeinflusst haben. Heute ist er sich da nicht mehr so sicher.

"Ich persönlich halte es für eine ziemlich verrückte Idee, dass falsche News auf Facebook, die nur einen sehr geringen Anteil der Inhalte ausmachen, die Wahl auf irgendeine Weise beeinflusst haben könnten", erklärte Zuckerberg vor einem Jahr. Die Wähler entschieden auf Grundlage ihrer Lebenserfahrung. Weniger als ein Jahr später bedauerte Zuckerberg seine damalige Wortwahl als zu abweisend.

Groß angelegte Kampagnen auf Twitter und Facebook
Denn seitdem zeigten tiefergehende Untersuchungen, dass Facebook und Twitter zum Schauplatz eines groß angelegten Versuchs wurden, die Spannungen in der US-Gesellschaft hochzuschaukeln. Nach bisherigen Informationen lag der Ursprung der Kampagne in Russland, die Regierung in Moskau bestreitet, dass sie dahintersteckte. Der Effekt auf die Abstimmung ist schwer messbar. Aber der US-Kongress wurde zur treibenden Kraft bei der Aufklärung und macht Druck auf die Internet-Firmen, mehr Informationen herauszurücken.

Facebook entdeckte schließlich 470 Profile mit vermuteter Verbindung zu Russland, die für die Verbreitung von rund 3000 Beiträgen mit politischem Hintergrund etwa 100.000 Dollar bezahlt hatten. "Unsere Analyse legt nahe, dass diese Accounts und Seiten miteinander vernetzt waren und von Russland aus betrieben wurden", erklärte Facebooks Sicherheitschef Alex Stamos. Zunächst schränkte Facebook ein, gemessen an den Gesamtausgaben für Wahlkampfwerbung gehe es nur um einen kleinen Betrag. Doch im Oktober räumte das Online-Netzwerk ein, dass die Beiträge schätzungsweise zehn Millionen Menschen in den USA angezeigt worden waren.

Anzeigen sollten die Gesellschaft spalten
Bei diesen rund 3000 Anzeigen sei es vor allem darum gegangen, Spannungen zwischen ethnischen und sozialen Gruppen anzuheizen. Die Autoren der Beiträge fokussierten sich dabei auf US-Bundesstaaten mit offenem Wahlausgang und sprachen gezielt einzelne soziale Gruppen an. Bei den einen wurde die Angst vor muslimischen Einwanderern geschürt, bei den anderen die Empörung über die Diskriminierung schwarzer Amerikaner genährt. Nach Facebook fand auch Twitter rund 200 mutmaßlich aus Russland gesteuerte Accounts, die Stimmungsmache in den USA betrieben haben sollen.

Schon vorher war bekannt, dass vor allem das Wahlkampfteam des US-Präsidenten Donald Trump zusätzlich zu seiner Aktivität bei Twitter auf Facebook-Anzeigen setzte, um die eigenen Anhänger zu mobilisieren und die Unterstützer der seiner Rivalin Hillary Clinton zu entmutigen. Doch die jüngsten Enthüllungen werfen grundlegendere Fragen auf: Ist die Manipulation öffentlicher Meinung bei Online-Netzwerken einfach auf die Beine zu stellen und schwer zu kontrollieren? Unternehmen die Plattformen nicht genug - oder sind ihren Möglichkeiten Grenzen gesetzt?

Facebook sagt Fake-Accounts den Kampf an
Bei den Online-Netzwerken selbst heißt es, man nehme das Problem ernst und werde inzwischen immer besser darin, verdächtige Accounts frühzeitig zu erkennen. Dahinter gebe es ein typisches Muster, sagt ein ranghoher Sicherheitsexperte aus der Branche. Es würden Accounts angelegt, die wie tausende andere aussehen: Einige angebliche persönliche Informationen, Profilfoto, ein paar Cappuccino-Bilder aus Cafés. Wenig später schlafen die Accounts ein und erwachen massenhaft erst, wenn sie gebraucht werden. Vor der Präsidentenwahl in Frankreich blockierte Facebook rund 30.000 solcher Geisterprofile, vor der Bundestagswahl seien es zehntausende gewesen.

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