Ermittlung

380-kV-Experte im Visier

Salzburg
28.11.2017 15:37

Knalleffekt im 380-kV-Genehmigungsverfahren: Die Staatsanwaltschaft Wien bestätigte Vorerhebungen gegen jenen Umweltmediziner, der im Berufungsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgerichtshof gehört wurde - Verdacht der Falschaussage!

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, ob der zweite Teil der Salzburgleitung von Kaprun nach Elixhausen als Freileitung gebaut werden kann, dürfte sich weiter verzögern.

Grund dafür ist eine Anzeige gegen einen niederösterreichischen Umweltmediziner, die nach dessen Aussagen im Gerichtsverfahren vom Anwalt der Freileitungs-Gegner eingebracht wurde.

Bereits der zweite Umwelt-Gutachter

Zur Erinnerung: Schon nach der erstinstanzlichen Verhandlung in Salzburg hatte man Umweltmediziner Manfred Neuberger ausgewechselt, seine Expertise wurde verworfen. Ihn ersetzte bei der Berufungssverhandlung in Wien Dr. Michael J., (für ihn gilt die Unschuldsvermutung).

Rechtsanwalt Dr. Wolfgang List, der die Freileitungsgegner der IG Erdkabel vertritt, hatte sich bei der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht besonders an einer Aussage des Experten gestoßen: "Er hatte behauptet, dass man bedenkenlos Tag und Nacht direkt unter einer Starkstromleitung leben könne, es würde nichts passieren. So eine Aussage ist einfach unhaltbar."

Bereits Ende August hatte List den Sachverständigen für den Fachbereich Umweltmedizin wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs und der Fälschung eines Beweismittels bei der Wiener Staatsanwaltschaft angezeigt, diese bestätigte nun die Einleitung einer Voruntersuchung gegen Michael J.

Es geht um den Elektro-Smog

Dabei geht es um die Beeinträchtigung durch elektromagnetische Felder. Anders als der jetzt belangte Experte ("Keine Auswirkungen auf die Menschen") kommen nämlich internationale Studien sehr wohl zu anderen Ergebnissen. Anwalt List: "Sie ordnen niederfrequente magnetische Felder ab 0,3 Mikrotesla als ein mögliches Karzinogen der Gruppe 2B ein, einer Klasse, in der die Mediziner auch Blei, DDT und Tetrachlorkohlenstoff einordnen."

Diese für eine 380-kV-Freileitung relevanten Aussagen sind in der EUROPEAM EMF Leitlinie von 2016 niedergeschrieben. Der vom Amt bestellte Umweltmediziner Michael J. gab bei der Berufungsverhandlung an, diese Studie nicht zu kennen, was ihm harsche Kritik einbrachte.

Experte gefährdet die Gesundheit

Univ. Prof. Dr. Franz Adlkofer: "Ein Arzt, der bei diesem Stand des Wissens gesundheitliche Risiken von EMF ausschließt, kann beim besten Willen nicht ernst genommen werden. Da auf Grund seiner Fehlbeurteilung die Gesundheit vieler Menschen bedroht sein könnte, muss ihm die Qualifikation als Gutachter in dieser Angelegenheit abgesprochen werden."

IG-Erdkabel Präsident Theodor Seebacher: "Wir verlangen, dass das Menschenrecht auf Gesundheit auch für die Anrainer einer Stromleitung gilt. Deshalb muss die 380-kV-Leitung unter die Erde."

Anwalt Wolfgang List geht davon aus, dass das Berufungsgericht seine Entscheidung in Sachen 380-kV-Freileitung so lange hinaus schiebt, bis die Erhebungen gegen den Umweltmediziner beendet sind.

Wolfgang Weber, Kronen Zeitung

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