Debatten in Klassen

Benotung in Schulen: Unmut über ÖVP-FPÖ-Plan

Österreich
27.11.2017 16:35

Heißes Eisen Schule: Politik und Bildung - da prallen wie immer ideologische Welten aufeinander. Mit dem türkis-blauen Plan, in allen Klassen der Volksschulen wieder zurück zu Ziffernnoten zu gehen, ernten die Koalitionsverhandler unter vielen Pädagogen eine glatte Fünf. Die "Krone" hörte sich bei Betroffenen um.

Erst vor einem Jahr wurde allen Volksschulen ermöglicht, alternative Leistungsbeurteilungen in den ersten drei Klassen einzuführen - auf ausdrücklichen Wunsch von Hunderten Schulen, die im Rahmen von Versuchen beste Erfahrungen damit gemacht haben. Jede Schule kann gemeinsam mit den Eltern selbst entscheiden, welche Beurteilungsmethode verwendet wird. Sie bekommen schriftlich den genauen Leistungsstandard ihrer Kinder beschrieben und sehen auf einen Blick, wo es noch Nachholbedarf gibt - eine Aussage, die mit einer Ziffer nicht zu treffen ist. Erst ab der vierten Schulstufe müssen dann Schulnoten als Ziffern vergeben werden.

Hammerschmid: "Zurück in die Steinzeit"
Mit der von Türkis-Blau geplanten Rückkehr ins einheitliche Notensystem kann die Noch-Bildungsministerin wenig anfangen. "Statt den Betroffenen die Wahl zu lassen, was für die Kinder am besten ist, bewegt man sich bei einem Zukunftsthema zurück in die Steinzeit", so Sonja Hammerschmid (SPÖ).

Auch in den Schulen sorgt die geplante Neuerung für großen Unmut. "Ein Zurück zur Ziffernbenotung in der 1. und 2. Klasse Volksschule würde bedeuten, dass wir die Individualität des einzelnen Kindes außer Acht lassen und das Rad der Zeit in eine Epoche zurückdrehen, in der dieser Individualität kein Wert beigemessen wurde. Damit werden zu früh unproduktive Vergleiche gezogen und Konkurrenzdenken gezüchtet", so etwa der Wiener Volksschuldirektor Horst E. Pintarich.

Florian Hitz/Sandra Ramsauer, Kronen Zeitung

Kommentar von Doris Vettermann: Zurück zum Konservativen
Die Bildung ist erst der Anfang, zeigt aber schon sehr deutlich, wie die neue ÖVP-FPÖ-Regierung das Land führen will: in erster Linie konservativ. Die Rücknahme der alternativen Beurteilung stößt Bildungsexperten und allen Aufgeschlossenen sauer auf. Tatsächlich ist es zu hinterfragen, ob und warum Kindern schon in der Volksschule mittels Noten der Leistungsdruck eingeimpft werden muss.

Viel ist jetzt von einem Rückfall in die Steinzeit zu hören. So kann man das gesamte Bildungspaket von Türkis und Blau sehen. Das wäre die negative Betrachtungsweise. Man könnte aber auch Gutes entdecken und das Schul-Programm als Konzentration aufs Wesentliche beurteilen. Lesen, Schreiben, Rechnen - die Grundkompetenzen werden zur obersten Maxime. Experimente gibt es keine. Das kann als erster Schritt gar nicht so falsch sein.

Immerhin ist jeder Vierte nach dem Ende der Schulpflicht noch immer nicht in der Lage, sinnerfassend zu lesen. Am Ende der achten Schulstufe können 43 Prozent der Jugendlichen nicht ausreichend rechnen. Ohne Basiswissen wird es in allen Fächern schwierig, wer die Angabe nicht versteht, kann die Aufgabe nicht lösen.

Alle groß angedachten Reformen der vergangenen Jahre haben uns beim PISA-Vergleichstest nicht weitergebracht. Den Fokus auf die Grundlage zu legen, ist bestimmt nicht falsch. Allerdings: Es braucht in weiteren Schritten schon noch mehr, sonst landen wir tatsächlich wieder im Mittelalter.

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