Sexuelle Belästigung

Juristin: Grapschern droht fristlose Kündigung

Wirtschaft
09.11.2017 08:21

Im Zuge der #metoo-Kampagne wird das Thema sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz nun auch in Unternehmen stärker thematisiert. Sind die Vorwürfe berechtigt, dann kann der Arbeitgeber sie nicht einfach negieren, er hat vielmehr bestimmte Verantwortlichkeiten, die im Gleichbehandlungsgesetz geregelt sind. Das sieht vor, dass selbst länger zurückliegende Fälle zu Konsequenzen führen können - von der Abmahnung bis hin zur fristlosen Kündigung des Grapschers.

Eine Untätigkeit des Dienstgebers kann bis zur Schadensersatzpflicht führen, wie Sabine Wagner-Steinrigl, Juristin bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW), in der Zeitschrift "Aktuelles Recht zum Dienstverhältnis" erläutert. Denn Arbeitgeber sind im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht (Paragraf 1157 ABGB) verantwortlich für die Wahrung der persönlichen und sexuellen Integrität ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Weshalb Vorfälle sexueller Belästigung daher unter gewissen Voraussetzungen sogar eine Haftung seitens der Arbeitgeber nach sich ziehen können.

Dienstgeber ist verpflichtet, Abhilfe zu schaffen
Im Zusammenhang mit sexueller Belästigung ist im Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) eine sogenannte Abhilfeverpflichtung von Arbeitgebern festgelegt, als konkrete Form von deren Fürsorgepflicht. Was bedeutet, dass bei "Wissen oder Wissen-Müssen" von sexueller Belästigung seitens des Dienstgebers die Pflicht besteht, umgehend Abhilfe zu schaffen - und damit weitere sexuelle Belästigungen mit sofortiger Wirkung zu unmöglich zu machen. Wird nach Meldung einer sexuellen Belästigung keine Abhilfe geschaffen, wird der Arbeitgeber nach dem GlBG sogar schadenersatzpflichtig.

Gespräch, Verwarnung, Versetzung, Kündigung
Zu den konkreten Maßnahmen, die ein Arbeitgeber setzen sollte, um zukünftige sexuelle Belästigung zu vermeiden, zählt u. a. die Trennung der involvierten Personen, falls eine solche ohne Nachteil für die belästigte Person durchführbar ist. "Bei wenig gravierender und erstmaliger Belästigung könnte etwa ein klares Gespräch verhältnismäßig sein, bei sehr gravierenden und/oder mehrfachen sexuellen Belästigungen kann auch eine Entlassung verhältnismäßig sein", so Wagner-Steinrigl. Zwischen den beiden Möglichkeiten Gespräch und Entlassung liege ein Spektrum möglicher weiterer Maßnahmen - etwa Verwarnung, Versetzung oder fristlose Kündigung.

Gesetz fasst sexuelle Belästigung recht weit
In Österreich sind vier Tatbestandselemente zu erfüllen, damit es sich nach dem GlBG um sexuelle Belästigung handelt. Dies ist zunächst ein "Verhalten aus der sexuellen Sphäre", welches vom Gesetz sehr weit gefasst ist. Darunter fallen verbale Äußerungen (wie etwa sexuell konnotierte Witze oder Kommentare, Bemerkungen über Figur/Körper/Aussehen, sexuelle Vorlieben oder Praktiken etc.) sowie bildliche Darstellungen bis zu unerwünschten Annäherungsversuchen und körperlichen Übergriffen. Das betreffende Verhalten muss ein Mindestmaß an Intensität überschreiten, wobei hier allerdings kein strenger Maßstab anzulegen ist, so Wagner-Steinrigl.

Dazu komme die Verletzung der Würde. Diese sei objektiv zu beurteilen. Jedenfalls muss ein "herabwürdigendes Element im Verhalten zum Ausdruck kommen, das zeigt, dass der betroffenen Person nicht respektvoll und auf Augenhöhe begegnet wird", erklärt die Juristin. Das dritte Tatbestandselement ist die "Unerwünschtheit", die subjektiv zu beurteilen ist und somit einen sehr seltenen Fall in gesetzlichen Regelungen darstellt. Es komme hier auf die individuelle Grenze an, was eine Person als unpassend und damit unerwünscht empfinde. Viertens muss die Belästigung mit einer Beeinträchtigung des Arbeitsumfeldes verbunden sein - es muss ein einschüchterndes, feindseliges oder demütigendes Arbeitsumfeld geschaffen werden oder bezweckt sein.

Häufig Ausnützung von Machtpositionen
Entscheidend sei dabei jedoch immer das subjektive Empfinden der Belästigten, so Wagner-Steinrigl. Überdurchschnittlich häufig handle es sich bei belästigenden Personen um Vorgesetzte. Dabei werden Machtpositionen bzw. Abhängigkeitsverhältnisse ausgenützt. Aber auch sexuelle Belästigungen im Kollegenkreis oder durch Dritte sind laut GAW oft Machtdemonstrationen.

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