Pyeongchang 2018

Afghanische Ski-Stars: Mit dem Esel auf die Piste

Sport
08.11.2017 12:55

Es ist eine filmreife Story, die der zwei afghanischen Skifahrer, die in Pyeongchang zum ersten Mal in der Geschichte Afghanistans an den olympischen Winterspielen teilnehmen werden. Sajjad Husaini und Sayed Alishad Farhang sind 26 beziehungsweise 27 Jahre alt. Sie haben vor sechs Jahren durch puren Zufall zum Skifahren gefunden. Und seit letzter Woche ist klar: sie werden beide in Pyeongchang im RTL starten.

Vor sechs Jahren verbrachte ein Schweizer Journalist, Christoph Zürcher, seine Ferien in Afghanistan. Wie er später erzählte, hat er dort an alles gedacht, nur nicht ans Skifahren. Da er aber unerwarteterweise einige Tage lang in den afghanischen Gebirgen im Bamiyan-Tal festsaß, nahm das Schicksal seinen Lauf. Der Schweizer schaute sich um und stellte fest, dass obwohl mehr als genug Pulverschnee von bester Qualität zur Verfügung steht, eigentlich niemand diese hervorragenden Verhältnisse für Skifahren nutzt.

"Wenn ein Schweizer irgendwo Schnee sieht, dauert es nicht lange, bis er ans Skifahren denkt", meinte die Schlüsselfigur dieser Geschichte im Nachhinein. Am besten gefielen ihm die Koh-e-Baba-Berge in 3400 Meter Höhe. Die Entscheidung, dass er in das vom Bürgerkrieg gebeutelte Land zurückkehren wird, traf der 48-jährige Schweizer Journalist hier. Ein paar Monate später war er wieder da, mit ihm an Bord 15 Paar Skier und die zugehörigen Skischuhen. Er setzte sich zum Ziel, eine Skischule in Bamiyan zu eröffnen. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte.

Noch 2011 rief der Schweizer das Afghan Ski Challenge ins Leben, an dem insgesamt zehn Skifahrer teilnahmen, alle auf den Skiern und Schuhen, die er mitgebracht hat. Heute hat der Afghan Ski Challenge mehr als 50 Teilnehmer, sogar aus dem Ausland kommen Sportler, die eine Herausforderung suchen. Langsam wird das Wettrennen zur Attraktion in der Region, die lokalen Einwohner kommen in Scharen zum Zuschauen.

Die gute Beziehung zur Schweiz wir seither gepflegt, die ersten olympischen Skifahrer Afghanistans bereiten sich im Winter seit Jahren in St. Moritz vor. Dort sind sie so beliebt, dass man schon eine Bar nach ihrem Herkunftsort "Bamiyan Ski Club" taufte. Die beiden Afghanen werden von einem Schweizer Trainerstab unter der Leitung von Martin Berthod betreut.

Farhang und Sajjad wollen mit ihrer Anwesenheit in Pyeongchang zeigen: es existiert auch ein anderes Afghanistan, fernab von Flucht, Taliban und Terror. Obwohl ihre Eltern den neuen Sport für Zeitverschwendung hielten, ließen sie nicht vom Skifahren ab. Sie entdeckten mit den Skiern ausgerechnet die Berghänge neu, wo sie sich in ihrer Kindheit vor den Talibanen versteckt hatten. Sajjad musste mit seiner Familie sogar in den Iran fliehen, er kam erst 2012 zurück.

Mit dem neuen Sport tat sich eine vollkommen neue Welt für die beiden auf, sie wurden mehrfache Sieger des Afghan Ski Challenge, sie lernten Englisch, sie unterrichten jetzt auch Skifahren an Interessierte. In Bamiyan gründete man den ersten Ski-Sportklub in Afghanistan. Da dürfen auch Frauen Mitglieder sein. Das einzige woran man noch feilen muss, ist die Infrastruktur, statt Skiliften werden die Teilnehmer von Eseln auf den Berg hinaufgetragen.

In Pyeongchang werden also in drei Monaten auch zwei Afghanen beim RTL am Start sein. Gemeinsam mit Marcel Hirscher und Co. Sie sagen, sie wünschten, sie hätten früher begonnen.

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(Bild: KMM)



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