Unterwegs im Süden

Mittelkärnten: Dem Genuss auf der Spur

Reisen & Urlaub
04.11.2017 14:20

Gut essen, malerische Landschaft, unzählige Sehenswürdigkeiten, nicht weit entfernt - was will das Urlauberherz mehr? In besonderer Dichte in Mittelkärnten zu finden.

Wir beginnen unsere Spurensuche in Metnitz. Der Ort ist weit über seine Grenzen ob seiner berühmten Totentanzfresken um 1500 bekannt, die das gotische Beinhaus zieren. Von den einst 28 Motiven haben sich nur vier Figurenpaare - der Tod mit Koch, Bauer, Mutter und Kind - im Original erhalten und sind einzigartig, erinnern daran, dass alle - egal, ob Kaiser oder Bauer - im Tod gleich sind. "Was in Salzburg der 'Jedermann', ist in Kärnten der Totentanz", hören wir von Vinzenz Ebner, der mit Hingabe das Museum und auch die Aufführungen betreut. Alle vier Jahre findet nämlich das Metnitzer Totentanzspiel statt, ein Laienschauspiel, das viel Beachtung findet und das nächste Mal im Juli 2018 aufgeführt wird.

Haben Sie je etwas vom Marktplatz Mittelkärnten gehört? Im Prospekt liest sich das so: "Der Marktplatz Mittelkärnten ist ein sinnlicher Streifzug, der diese faszinierende Region in all ihren Facetten erlebbar macht. Qualitätsorientierte Premium-Manufakturen, ehrliche und variationsreiche Gastronomie und Beherbergung, landwirtschaftliche Betriebe, echte Handwerkskunst, engagierte Weinbauern, Bierbrauer und kreative Veredler machen den Marktplatz Mittelkärnten zu einem absoluten Sehnsuchtsort für Naturverbundene und Genussliebhaber." 46 Betriebe gehören dazu.

Neun davon sehen wir uns näher an, so zum Beispiel das Restaurant und Kulturwirtshaus von Ingrid und Gottfried Bachler in Althofen. Die Hausherrin ist eine Sommeliere mit Herz und Seele, der Weinkeller mit unzähligen Spitzenweinen wohlgefüllt. Auch mit Kärntner Weinen, richtig, so etwas gibt es inzwischen, und zwar richtig gute, etwa vom Weingut Georgium, an das Ingrid Bachler von der ersten Stunde an geglaubt hat. Aber dazu später, denn erst einmal "müssen" wir die erstklassige und haubengekrönte Küche von Ehemann Gottfried genießen.

Hier wird Regionalität nicht nur gepredigt, sondern auch tatsächlich gelebt, was so viel heißt wie, es wird verkocht, was der Garten und die nähere Umgebung hergeben. Richtig ins Schwärmen gerät Gottfried Bachler, wenn es um die Fische von Markus Payr geht, bei Rohmilchbutter (nicht so leicht zu bekommen!) oder besonders bestens gereiftem Rohmilchkäse. Das ist Leidenschaft pur, die dann auch auf den Teller kommt und die Gäste zu schätzen wissen; wenn der Chef kommentiert, merkt man, dass er sich schon sein Leben lang mit dem Thema beschäftigt und bestens auskennt. Ewig könnte man hier sitzen, genießen und zuhören.

Unser Hotel ist nicht sehr weit entfernt gelegen, aber wie es scheint auch noch ein Geheimtipp. Beim Seppenbauer in St. Salvator bei Friesach findet der Gast alles, was das Herz begehrt. Gediegene Vollholzmöbel, gute Küche, viel Platz, freundlicher Service, großer Wellnessbereich, schier unbegrenzte Seminarmöglichkeiten und nicht zuletzt ein Automuseum, das nicht nur Autofreaks begeistert, sind die Vielfalt, mit der Gerhard Porsches Landhotel überrascht. Das Museum ist in zwei Räumlichkeiten aufgeteilt, vor 1950 und nach 1950, beide voll mit wahren Raritäten, die erstaunen. Gerhard Porsche hat sein Leben lang Autos - nicht nur Porsches - gesammelt und zeigt sie in St. Salvator der Öffentlichkeit. Mit Guido Schwengersbauer hat er einen wunderbaren Gastgeber gefunden; auch dieser Betrieb gehört zum Marktplatz Mittelkärnten und wartet nur darauf, aus dem Dornröschenschlaf zu erwachen wie die ganze Region schlechthin.

Im Mittelalter kannte jeder Friesach, ein urbanes Juwel, zur Gänze von Zinnenmauern und Wassergräben eingefasst. Wer die älteste Stadt Kärntens besichtigt, geht auf Zeitreise. Genauso bewunderungswürdig wie die alte Bausubstanz ist das Engagement der Bewohner, die das kulturelle Erbe wiederbeleben. Evi Wasserer ist unsere Führerin, ihre Begeisterung für den Ort, an dem sie lebt, springt sofort über. Vom Renaissance-Brunnen, der den von reizvollen Bürgerhäusern umgebenen Hauptplatz ziert, sieht man die prächtige Burgruine Petersberg, aber auch die Ruine Rottum, die ursprünglich vier Wehrtürme in der "neuen" Stadtbefestigung Ende 13./Anfang 14. Jahrhundert waren. Im Fürstenhof zahlt sich ein Besuch bei Isabella und Alexander Marx aus, die hier ein sehr nettes Lokal sowie ein kleines, aber feines Museum im Alten Getreidespeicher betreiben. Empfehlenswert ist die Verkostung eines "Kärntner Nudl-Bausatzes", hergestellt in der Manufaktur von Josefine Leitgeb, der Nichte der Wirtsleute.

Um (süßen) Genuss geht es auch beim Spitzen-Chocolatier Craigher in der Friesacher Altstadt. Im stilvollen Ambiente lassen sich köstliche Torten in einer der besten, wenn nicht gar der besten Konditorei Kärntens schlemmen, aber es werden auch handgeschöpfte Schokoladen hergestellt, die durchaus eine Sünde wert sind. Es empfiehlt sich auch die Besichtigung der funkelnagelneuen Schokolade-Erlebnismanufaktur, die Barbara und Dieter Craigher zusammen mit ihren Kindern Hanna und Dominikus erst vor Kurzem eröffnet haben.

Wir bleiben noch in Friesach, denn zu den drei bestehenden mittelalterlichen Burgen wird gerade eine vierte gebaut - Sie lesen richtig, mit originalgetreuen Techniken und Materialien wie anno dazumal im Rahmen eines von Historikern betreuten Sozialprojekts. Wer sich dafür näher interessiert, dem wird Geschichte sehr anschaulich vor Augen geführt.

Seit dem Jahr 1270 wird in Hirt Bier gebraut. Die Bedingungen dafür sind in der kleinen Ortschaft optimal, was so viel heißt, dass das Wasser aus 24 Quellen nicht entkalkt werden muss. Braumeister Raimund Linzer sprüht vor Begeisterung und Wissen; auch Nicht-Biertrinker(innen) wie ich können angesteckt werden und entdecken den Geschmack an Bier. 30 Millionen Krügerl werden pro Jahr etwa gebraucht - das klingt viel, ist aber im Vergleich mit den großen Brauereien eher wenig. Hirter Bier ist im Privatbesitz und gehört nicht zu den großen Konzernen.

Bier ist ein (wichtiges) Thema in der Gegend, nicht nur auf dem Wiesenmarkt in St. Veit, der seit 656 Jahren im Herbst abgehalten wird und hier die fünfte Jahreszeit darstellt. Haben Sie je vom Tal der Gesetzlosen gehört? In Wimitz braut Josef Habich, vorher Unternehmensberater, sein eigenes Bier, das nicht pasteurisiert wird und nur in einem Umkreis von 60 Kilometern ausgeliefert wird. Regionaler geht es wohl kaum, oder?

Im Wirtshaus Gelter in Goggerwenig werden wir eines Besseren belehrt. Die Speisekarte, übrigens im Kärntner Dialekt, hält, was sie verspricht. Es gibt Spezialitäten, die sonst kaum wo angeboten werden, zum Beispiel "Gebåckenes Bries vom Tuttelkalb auf åb’gmåchten Blåttsalåten" oder "Im Ofen g’schmortes Rindswangerl vom Kärntner Blondvieh mit Bertramspätzle und an Rahmsafterl". Eine Gault-Millau-Haube schmückt, aber der Wirt Christian Gelter hat noch eine andere Leidenschaft: Bier brauen! Sensationeller Genuss auf der vollen Linie!

Wer in Mittelkärnten weilt, der sollte - als absolute Pflichtstation für Kunstfreunde - den doppeltürmigen Dom von Gurk besuchen. Der Wallfahrtsort liegt abseits von Fernverkehrsrouten und ist untrennbar mit dem Namen der Kärntner Landesmutter, der heiligen Hemma, verbunden, die in der Krypta (großartig: 100 Marmorsäulen!) ihre letzte Ruhestätte hat.

Auf dem Weg nach Gurk muss man unbedingt in Straßburg Halt machen. Nicht wegen der malerischen Burg oben am Berg, sondern wegen dem Speck vom Seiser. Stefan Seiser hat die Ortschaft weit über die Grenzen bekannt gemacht, weil er sensationellen luftgetrockneten Speck produziert und mit diesem eigentlich jedes Jahr zum "Speckkaiser" gekürt wird. Auch er ist ein Mitglied vom Marktplatz Mittelkärnten.

Kärntens Pionier in Sachen Weinbau ist in St. Georgen am Längsee zu finden. Marcus Gruze ist sein Name, und er produziert vielbeachtete biodynamische Weine im Georgium auf 3 Hektar Rebfläche zwischen 450 und 600 Meter Seehöhe mit Blick auf den See. Auch geschmackvolle Zimmer sind in seinem Weingut zu mieten. Große Begeisterung für Wein bringen auch Georg Lexer & Sem Kegley auf. Die beiden, der Kärntner und der Texaner, den die Musik nach Österreich gebracht hat, führen zusammen das Weingut Karnburg, gelegen auf der Leiten 6 mit Blick auf die Landeshauptstadt Klagenfurt, produzieren aber auch Hochprozentiges; ein feines Restaurant mit wöchentlich wechselnder Speisekarte gehört auch dazu.

Weit sichtbar auf einem 150 Meter hohen freistehenden Kalkfelsen reckt sich die Burg Hochosterwitz in den Himmel, ein Wahrzeichen Kärntens. Erstmals 860 erwähnt, ist sie seit 1541 im Besitz der Familie Khevenhüller. 14 Tore, jedes für sich ein kleines Kastell mit eigenen Verteidigungssinstallationen, gilt es zu bezwingen, will man bis zur massiv bewehrten Hochburg gelangen; seit Kurzem gibt es allerdings einen Lift, der Besucher sehr schnell nach oben bringt und einen schönen Blick in das Umland erlaubt.

Andrea Thomas, Kronen Zeitung

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