Katias Kolumne

Wenn Immobilieninvestoren soziale Ader entdecken

Österreich
01.11.2017 11:55

Die Vorwürfe, die der Wiener Anwalt Wolfgang List gegen Christian Chorherr, den für Stadtplanung zuständigen Gemeinderat, erhebt, haben es in sich. Laut List bestehe der Verdacht auf Korruption, persönliche Bereicherung und sogar Geldwäsche. Anwaltskollege Paul Nagler legt nach und fordert bei einer eigens einberufenen Pressekonferenz "Hausdurchsuchungen und die Verhängung der Untersuchungshaft".

Was war passiert? Christoph Chorherr, Planungssprecher der Grünen und Heumarkt-Befürworter, sammelt neben seiner öffentlichen Tätigkeit Spenden für den gemeinnützigen Verein Ithuba, das Schulprojekte in Südafrika finanziert. So weit, so löblich. Dass große Spenden vor allem aus der Immobilienbranche stammen, die auch Immo-Projekte in Wien realisieren und - so lautet der Verwurf - sich vielleicht das Wohlwollen Chorherrs, der als Mitglied des Planungs- und Wohnbauausschusses über große Bauprojekte mit entscheidet, durch Spenden an einen ihm zugehörigen Verein erkaufen wollen könnten, hinterlässt zumindest einen bitteren Nachgeschmack.

Die öffentliche Häme ist wohl deshalb so groß, waren es doch im kürzlich geschlagenen Nationalrats-Wahlkampf gerade die Grünen, die selbst ernannte Anti-Korruptions-Partei, denen Großspender anderer Parteien ein Dorn im Auge waren.

Erklärungsbedarf
Erklärungsbedürftig ist wohl auch, dass Chorherr als Gemeinderat bei zwei Sitzungen in den Jahren 2012 und 2014 für die finanzielle Förderung seines eigenen Vereins gestimmt hat. So seien insgesamt 200.000 Euro Fördermittel der Stadt Wien an Ithuba genehmigt worden. Erst 2015 hat er sich als befangen deklariert und nicht mitgestimmt. Im Nachhinein war es ein Fehler, dass er nicht schon zuvor seine Befangenheit angab, wie er später einräumte.

Auf der Website der Grünen heißt es: "Großspenden erscheinen aus demokratiepolitischer Sicht insbesondere dann nicht unbedenklich, wenn der Verdacht erweckt wird, die Spendenbereitschaft sei an eine Gegenleistung geknüpft. Den Spenden haftet dann der fahle Beigeschmack der Käuflichkeit von Politik an. Dadurch wird das Vertrauen in die politischen Institutionen nachhaltig geschädigt." Und weiters sehr deutlich: "Auch wenn ein Zusammenhang zwischen Großspende und politischer Einflussnahme kausal kaum nachweisbar ist, tragen Großspenden zur Verfilzung von politischen Entscheidungen und wirtschaftlichen Interessen bei."

Immobilieninvestoren entdecken soziale Ader
Aber offenbar nicht so bei Christoph Chorherr. Auch, wenn sein privater Verein durchaus hehre soziale Projekte in Südafrika finanziert, fällt es einem schwer zu glauben, dass Immobilieninvestoren, Banken und ausländische Investmentfonds urplötzlich, komplett frei von Hintergedanken und aus reiner, tugendhafter Freigiebigkeit ihre soziale Ader entdecken und Schulprojekte in Südafrika unterstützen möchten. Wenn dem so sei, müsste diesen Großspendern ein Orden mit Mutter-Teresa-Emblem verliehen werden. Wenn der Verdacht im Raum steht, dass dem möglicherweise nicht so sei, müsste man zumindest für die nun von vielen Seiten geforderte Transparenz sorgen und die Spenderlisten offenlegen, sodass sich jeder sein eigenes Bild machen kann.

Trotz der Beteuerung, dass die Spenden keinerlei Einfluss auf die politischen Entscheidungen des grünen Planungssprechers hätten - die unglückliche Optik bleibt. Und ob ein fahler Nachgeschmack gerade in der jetzigen Situation der grünen Partei hilfreich ist, darf bezweifelt werden.

Katia Wagner

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