Es war Totschlag

Mutter mit Schal erdrosselt: Fünf Jahre Haft

Österreich
23.10.2017 15:43

Fünf Jahre Haft lautet das Urteil gegen einen 53 Jahre alten gebürtigen Inder, der im Februar 2017 im Wiener Bezirk Donaustadt seine 80-jährige Mutter erdrosselt hatte. Die Mordanklage wurde dabei seitens der Geschworenen einstimmig verworfen, der 53-Jährige wurde mit 5:3 Stimmen wegen Totschlags verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die "indische Tradition" - dieser Begriff fiel oft im Wiener Landesgericht beim Prozess gegen den angeklagten Inder. Und die indische Tradition ist manchmal gar nicht so fern von unseren Gepflogenheiten. Etwa die Mutter zu sich nach Hause zu holen, wenn sie ganz allein, älter und gebrechlich ist.

Doch genau diese Tradition war letztlich Anlass für eine Familientragödie. Weil die 80-jährige Inderin eben ihre Gepflogenheiten "importierte" - etwa, dass sie mehr zu sagen hätte als die Hausfrau, dass die jugendlichen Kinder sie zu bedienen hätten, dass sie alles vergaß, abzudrehen, von Licht bis Wasser -, war die Familie bald völlig zerrüttet.

"Habe für einen Moment meinen Verstand verloren"
Der Angeklagte: "Ja, es war nicht einfach, aber ich habe mich bemüht, dass es allen gut geht." Der Frau und den Kindern offenbar nicht - es folgte die Scheidung. Und der Umzug. Mit Mutter. Der aber passte die neue Wohnung so gar nicht. Vor allem: Wo war der Fernseher? Die neue 3000-Euro-Küche samt Geschirrspüler war ihr, so der Sohn, egal. "Und plötzlich", so sagt er zu Richter Andreas Böhm und den Geschworenen, "habe ich für einen Moment meinen Verstand verloren."

Es war jener Moment, als er sie erdrosselt hat, sagt die Anklage. Mit ihrem blütenweißen Schal. Minutenlang müsse dies gedauert haben, so Gerichtsmediziner Daniele Risser. Der Mann schluchzt. Alles sei ganz anders gewesen: "Sie saß am Sofa, war ganz still. Ich hab sie geschüttelt und gezogen, und da ist sie runtergerutscht."

"Meine Mutter hat mich gestochen"
Zuerst rief er seine Ex-Frau an, fragte sie, ob sie ein Foto der Toten wolle. Dann die Polizei: "Ich habe meine Mutter getötet und jetzt steche ich mich in den Bauch und sterbe auch!" Jetzt, vor Gericht, sagte er, alles sei anders gewesen: "Meine Mutter hat mich gestochen, als ich sie bat, zur Wohnungseinweihung indisch zu kochen." - Die Geschworenen glaubten ihm: Totschlag, fünf Jahre Haft.

Gabriela Gödel, Kronen Zeitung/krone.at

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