Kärntnerin am Südpol

Von der Antarktis auf den Mars: Forschen bei -80°

Kärnten
17.10.2017 14:44

Ein Jahr am wohl abgelegensten Ort der Welt: Die Kärntner Ärztin Carmen Possnig (28) arbeitet für die Europäische Weltraum-Organisation am Südpol.

Was willst du werden, wenn du groß bist?", fragte die Volksschullehrerin. "Astronautin!", strahlte die kleine Carmen Possnig. Heute ist die Kärntnerin ihrem Kindheitstraum ein Stück nähergekommen: Die 28-jährige Ärztin forscht ab November für die ESA, die Europäische Weltraum-Organisation. Nicht im Weltall, sondern auf der Erde - aber mitten im Nirgendwo: in der eiskalten Ost-Antarktis.

Als erste Österreicherin überhaupt wird Possnig ab 20. November ein Jahr lang in der französisch-italienischen Südpol-Station "Concordia" leben und arbeiten. "Ich untersuche die Langzeitauswirkungen auf den Menschen in der Isolation. Im Großen und Ganzen sollen diese Forschungen künftige Mars-Missionen ermöglichen", erklärt die Klagenfurterin. Heißt im Detail: Possnig wird unter anderem die Auswirkungen auf das kardiovaskuläre System ermitteln. Der Stützpunkt befindet sich ja in 3250 Meter Seehöhe, wo Sauerstoffgehalt und Luftdruck sehr gering sind. Sie wird Weltraumflüge zum Mars simulieren und Immunologie-Studien erstellen. Es gibt ja dort keine Bakterien, außer jene, die man selbst mitnimmt. "Anhand eines Sojuskapsel-Simulators muss ich erheben, ob ein Mensch, der so lange in der Isolation lebt, körperlich und psychisch noch dazu imstande ist, das Raumschiff sicher auf dem Mars zu landen. Die Besatzungsmitglieder sind meine Probanden."

Auf all das wurde Possnig, die bereits ihre Diplomarbeit an der Med-Uni Graz über Weltraum-Physiologie geschrieben hat, fast ein Jahr lang vorbereitet: an ESA-Instituten bzw. Universitäten in Köln, Stuttgart, München, Saint-Étienne und Paris. Beworben hatten sich ursprünglich 150 Kandidaten für dieses Abenteuer!

Vier Monate völlige Dunkelheit

Erstaunlich, eigentlich, bei diesen Arbeitsbedingungen in einer absolut lebensfeindlichen Umgebung: Außerhalb der "Concordia" herrscht klirrende Kälte, von Mai bis August permanente Dunkelheit, bis minus 80 Grad Lufttemperatur von Februar bis November. "Da gibt es nicht einmal eine Chance, dass ich von dort wegkomme. Auch nicht, wenn etwas passieren sollte. Das Militärflugzeug startet ohnehin nur bis minus 52 Grad", erklärt Possnig, die mit ihren Blutproben fast tagtäglich in die Eiseskälte hinaus muss.

Die "Concordia" selbst ist 1000 Kilometer von der Küste entfernt, 13 Flugstunden von Neuseeland. Der nächste von Menschen bewohnte Ort ist die russische Antarktis-Station "Vostok" - 600 Kilometer weit weg. "In puncto Isolation bietet der Standort ähnliche Bedingungen wie ein Raumschiff. Das Leben dort gleicht in vielerlei Hinsicht einer bemannten Langzeitmission im All", erklärt Possnig.

Zwei Bulldozer-Karawanen bringen zweimal pro Jahr Material und Lebensmittel. "Es wird vorwiegend Tiefkühl-Essen geben. Aber immerhin ist unser Koch Italiener", scherzt die Kärntnerin, die sich anfänglich mit 60 Wissenschaftern aus aller Welt, ab Februar nur noch mit zwölf weiteren Menschen die 1500 Quadratmeter in der "Concordia" teilen wird: Unter ihnen ein Mechaniker, Installateur, Elektrotechniker, Chirurg, Astronom, Seismologe sowie ein Klima- und Gletscherforscher. "Wir haben eine gemeinsame Bibliothek, jeder seine eigene Schlafkoje, ich zusätzlich mein Labor." Kontakt zur "Außenwelt" gibt’s nur via Internet. "So oft es geht, werde ich natürlich meine Familie anrufen - die Begeisterung über diesen Job hielt sich vor allem bei meiner Mutter ziemlich in Grenzen", verrät Possnig.

Mitnehmen darf sie drei Alu-Kisten zu je 40 Kilogramm. Was darin auf keinen Fall fehlen darf? "Tee, Schokolade, einige Bücher und meine Österreich-Fahne, die ich dort aufhängen werde!" Ob der nächste Schritt dann wirklich das Weltall ist? Possnig: "Wieso nicht? Aber nur mit einem Rückflug-Ticket!"

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