Neues Album "Desire"

Synthiepop-Duo Hurts findet Weg zur Fröhlichkeit

Musik
19.10.2017 17:49

Auf ihrem vierten Album "Desire" hat das britische Synthiepop-Duo Hurts den Mut zur Leichtfüßigkeit gefunden. Die vertonte Anleitung zum Eskapismus zeigt Theo Hutchcraft und Adam Anderson so beschwingt und ungezwungen wie nie zuvor. Im Interview sind wir der Sache genauer auf den Grund gegangen.

(Bild: kmm)

Mit verkehrten Voraussetzungen eroberte das britische Pop-Duo Hurts vor sieben Jahren die Charts. Das Debütalbum "Happiness" und die Erfolgssingle "Wonderful Life" klangen nach Leichtfüßigkeit und Freude, offenbarten aber vielmehr ihre Liebe zum dunklen Synthie-Wave der 80er-Jahre. Das dynamische Duo Adam Anderson und Theo Hutchcraft entwickelte seinen Sound zusehends weiter und gab sich spätestens auf dem dritten Werk "Surrender" (2015) partiell fröhlichen Pop-Klängen hin. Die bleierne Schwere der Karrierefrühphase haben die beiden auf ihrem neuen Album "Desire" endgültig überwunden. Hurts 2017 klingen lebensbejahend und optimistisch und schreiten mit ihrer neuen Ausrichtung beschwingten Schrittes Richtung dauerhaftem Radio-Airplay.

Mut zur hellen Seite
"Als wir mit unserer Musik begannen, waren wir uns sicher, dass wir uns nicht in ein bestimmtes Genre zwängen lassen wollen", erklärt Hutchcraft im Gespräch mit der "Krone", "auf dem Debüt waren wir wahnsinnig vielseitig unterwegs. Es gab schnelle Songs, verschnörkelte Nummern und auch ein paar Balladen. Auf dem zweiten Album waren wir dunkler und intensiver unterwegs, auf dem dritten ließen wir erstmals die hellen Teile unserer Persönlichkeit in den Vordergrund rücken. Es ist wichtig, die hellen Seiten zu zeigen, damit die dunklen umso aufrichtiger klingen. Und Hand aufs Herz: es will doch niemand die ganze Zeit melancholische Balladen hören."

Gerade Songs wie "Boyfriend" oder "Thinking Of You" sind mit einem derartigen Positivismus durchzogen, dass viele Hurts-Fans der alten Stunde erst einmal ihre Augen reiben mussten, um sicherzugehen, dass es sich noch um ihre Lieblingsband handelt. "Thinking Of You" ist der geradlinigste Song der Hurts-Bandhistorie und die Inhalte sind Anderson weniger wichtig, als man vermuten mag. "In erster Linie geht es uns um Eskapismus. Wenn ich nicht gut drauf bin, dann gibt es nur eine Sache, die mich aus der Melancholie ziehen kann und das sind gute, beschwingte Songs. Auf 'Desire' haben wir viele Nummern, die eine reinliche Ausstrahlung und Frische aufweisen, die man von uns nicht gewohnt ist. Die Melodie war dieses Mal wichtiger als der Text und es war gar nicht so einfach, das so zu bewerkstelligen."

Für die Unterdrückten
Für das Video zur Single "Beautiful Ones" hat sich Hutchcraft in Schale geworfen und als Frau verkleidet. Eine wichtige Botschaft in Zeiten der zunehmenden gesellschaftlichen Aufspaltung. "Diesen Song haben wir im Hinterkopf für unsere Fans geschrieben. Sehr viele von ihnen sind sehr individuell und etwas anders als der normale Durchschnitt der Bevölkerung. Den Leuten wird oft geraten, mit dem Strom zu schwimmen und sich anzupassen, aber wir geben ihnen mit diesem Song eine Plattform, sie selbst zu sein, gegen alle Widrigkeiten der Gesellschaft. Das Video ist eine Bekräftigung dieser Botschaft. Es ist nicht für alle Menschen leicht, einfach aus der Wohnung zu gehen und durch die Welt zu schreiten. Viele von ihnen haben Probleme, werden gemobbt oder sind purer Gewalt ausgesetzt, wenn sie öffentlichen Raum betreten. Wir sollten uns immer in Erinnerung rufen, dass unser Frieden nicht selbstverständlich ist."

Mit Mobbing war auch Anderson in seiner Kindheit konfrontiert. Die raue Industriestadt Manchester ist eben nicht die beste Umgebung für ein kreativ begabtes Kind mit dem Drang zu Tagträumereien. "Ich habe als Teenager nirgendwo reingepasst und hatte im täglichen Sozialleben meine Probleme. Ich fühlte mich oft als Außenseiter, war in Schlägereien verwickelt, wurde gemobbt und habe sogar gestohlen. Ich kann mich sehr gut mit den Problemen dieser Leute identifizieren und weiß genau, worüber wir in diesem Song singen. Die Herkunft prägt dein weiteres Leben, auch wenn wir mittlerweile die ganze Welt als Heimat bezeichnen, weil wir kaum Zeit finden, um wirklich in Ruhe zuhause zu sein."

Fluchtmöglichkeit
Die Hurts verstehen ihre Alben als therapeutische Maßnahme, um sich und ihre Fans für eine Dreiviertelstunde aus den Mühen des Alltags zu holen. "Es ist schön, wenn du mit Musik vorgefestigte Meinungen der Menschen ändern kannst, oder sie gewisse Automatismen, die vielleicht falsch sind, überdenken. Dass Musik wirklich die Welt verändern kann, ist nicht unser Anspruch und wohl auch ein etwas breit gefasster Ansatz, aber sie ist gewiss eine der besten Möglichkeiten, um Menschen zu erreichen und verbindend zu wirken." So wie sich Anderson und Hutchcraft in Bands wie Depeche Mode, Tears For Fears oder Prince flüchten können, bieten sie ihren Anhängern eine klangliche Brücke zur Abkapselung.

"Desire" ist zudem das erste Album, dass die Hurts selbst produziert haben - ein weiterer Beweis dafür, dass Selbstvertrauen und der Glaube an das eigene Tun fundamental gestiegen sind. "So bist du näher am Kern der Sache. Je weniger Leute an deinen Songs im Entstehungsprozess teilhaben, umso stärker werden dir Details und der Kern der Sache bewusst. Es fühlt sich ehrlicher und authentischer an, die Songs sind natürlicher und unverfälschter." Am 27. November kommen die Hurts mit dem neuen Album, alten Hits und einer aktualisierten Bühnenshow in den Wiener Gasometer - eventuell bleibt Kunstfreund Hutchcraft da auch wieder Zeit, um sich in die Historie seines Lieblingskünstlers Egon Schiele zu graben. "Ich war unlängst privat auf Urlaub in Wien, um Schiele und Klimt zu verfolgen. Die Kulturgeschichte hier ist weltweit einzigartig." Hoffentlich auch das Konzert - für das es unter www.musicticket.at noch Karten gibt.

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