Ausland über Skandal

Kern wird “Totengräber seiner politischen Familie”

Österreich
06.10.2017 12:35

Der SPÖ-Skandal rund um "Dirty Campaigning" beschäftigt auch internationale Medien: So haben zwei renommierte europäische Tageszeitungen, "Le Monde" aus Frankreich und der "Guardian" aus Großbritannien, die Silberstein-Affäre und die möglicherweise katastrophalen Folgen für die SPÖ und ihren Chef Christian Kern analysiert. Die Franzosen etwa finden harte Worte, was die Zukunft der österreichischen Sozialdemokratie betrifft. Demnach sei Kern auf dem besten Wege, zum "Totengräber seiner politischen Familie, der SPÖ, zu werden".

Der britische "Guardian" veröffentlichte am Donnerstag auf seiner Website einen chronologischen Abriss der Silberstein-Affäre rund um die Hetz-Seiten gegen ÖVP-Chef Sebastian Kurz auf Facebook. Das renommierte Blatt schreibt von einem "Skandal", der den österreichischen Wahlkampf in seiner Schlussphase "erschüttert" habe. In dem Artikel wird darauf hingewiesen, dass ein derartiges "Dirty Campaigning" in Österreichs Politik bislang "tabu" gewesen sei.

Es wird zudem darauf hingewiesen, dass Kanzler Kern eigenen Angaben zufolge nichts über die Schmutzkübelkampagne gewusst haben soll - eine Aussage, die vom zentralen Akteur des Skandals, Tal Silberstein, bestätigt wurde.

Silberstein erklärte schmutzige Taktiken in Dokumentarfilm
Was Silberstein betrifft, erinnerte der "Guardian" an einen US-Dokumentarfilm: Bereits in "Our Brand Is Crisis" ("Unsere Marke heißt Krise") habe Silberstein 2005 am Beispiel der bolivianischen Präsidentschaftswahlen im Jahr 2002 die Methodik, wie politische Gegner schlechtgemacht werden, detailliert geschildert.

Silberstein sei damals dabei gefilmt worden, wie er gegenüber dem Kandidaten Gonzalo Sanchez de Lozada den Start einer Schmutzkübelkampagne angeregt habe, ohne dass der Kandidat dabei öffentlich als Initiator des "Dirty Campaigning" erkennbar sei. "Wir müssen Negativkampagnen gegen ihn (seinen Rivalen, Anm.) starten. Wir müssen ihn von einem sauberen in einen schmutzigen Kandidaten verwandeln. Das ist unsere Aufgabe."

Franzosen sehen düstere Zukunft der Sozialdemokratie
Weitaus kritischer wird die Rolle von SPÖ-Chef Kern in der Affäre von der französischen Tageszeitung "Le Monde" analysiert. So habe Kern zwar zum Ziel gehabt, die Pleiteserie sozialdemokratischer Parteien in Europa zu beenden, sei aber nun auf dem besten Weg, "zum Totengräber seiner politischen Familie, der SPÖ, zu werden" - einer Partei, die gegen die Nationalsozialisten gekämpft und Europa geprägt habe. Statt im Wahlkampffinale jetzt die Hände von Arbeitern zu schütteln, sei Kern nun gezwungen, Fragen von Horden von Journalisten über eine Affäre zu beantworten, die seine Ambitionen zunichtemachen könnten.

Silberstein, heißt es in dem Bericht weiter, sei Kern vom ehemaligen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, einem "österreichischen Schröder", empfohlen worden. Der "Le Monde"-Korrespondent ist jedenfalls überzeugt davon, dass "Kern seine Niederlage schon vorwegnimmt" und bei der Wahl nur noch Dritter hinter der Kurz-ÖVP und der FPÖ werden wird - und dann von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil abgelöst werden könnte. Denn dieser breche laut dem Bericht bereits seit Monaten eine Lanze für den Tabubruch: eine Koalition mit den Freiheitlichen.

Zitiert wird in dem Bericht auch der österreichische Politwissenschaftler Thomas Schmidinger, der ein nüchternes SPÖ-Fazit abliefert: "Kern wird diesen Hang nicht mehr erklimmen können."

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