Kandidaten im Check:

Wer krempelt die Ärmel hoch?

Nachrichten
03.10.2017 16:21

Teil neun unseres Persönlichkeits-Checks - diesmal auf dem Prüfstand: der Arbeitsstil der Spitzenkandidaten. Welcher Kanzler-Anwärter stützt sich eher auf Konzepte und Theorie, welcher ist praxisorientiert und packt lieber mit an?

Laut einer IMAS-Studie im Auftrag der "Krone" wünschen sich 54 Prozent der Wähler einen praktisch veranlagten Kanzler.

Wir garantieren Objektivität!
Im Zuge unserer Serie "Wer kann Kanzler?" prüften Psychologen die Spitzenkandidaten auch auf diese Qualität. Gemeinsam mit der renommierten Beraterfirma HILL baten wir die Politiker zum wissenschaftlich fundierten objektiven Persönlichkeits-Check. Die anonymisierten Daten wurden von Wirtschaftspsychologe Othmar Hill ausgewertet. Notar Georg Schreiber beglaubigt die anonyme und damit objektive Beurteilung. Und Politologe Peter Filzmaier interpretiert das Ergebnis aus politischer Perspektive.

Top-Beraterfirma

Die Experten nahmen letztlich fünf der großen Sechs unter die Lupe. Zu Christian Kern (SPÖ) gibt es leider keine Auswertung, nachdem er den Test völlig überraschend abgebrochen hat, "weil das ein lächerlicher Gag" sei. Schade, Herr Bundeskanzler, dass Sie den "Krone"-Lesern nicht zeigen wollen, wie Sie ticken.

Die Ergebnisse der Spitzenkandidaten
Fazit des HILL-Teams: Die grüne Kanzler-Anwärterin Ulrike Lunacek sticht als große Denkerin hervor. Sie arbeitet am liebsten mit Konzepten, will diese aber auch selbst umsetzen. Interessant: Ihr ehemaliger Parteikollege Peter Pilz bleibt seinen intellektuellen Ansprüchen treu, beweist aber dennoch Bodenständigkeit - und schafft so den Spagat zwischen Theorie und Praxis. Sebastian Kurz präsentiert sich als Mann "zum Angreifen" - er steht auf unserem Barometer daher am weitesten rechts.

Ulrike Lunacek: Geistige Spitze

  • Ergebnis Kompetenzanalyse: Die Kandidatin hat sehr hohe intellektuelle Ansprüche und ein großes Interesse daran, etwas zur Reform-Arbeit beizutragen.
  • Analyse Hill: Die starke Dynamik spricht für ein großes Umsetzungs-Potenzial. Ulrike Lunacek kann auch komplexe Konzepte gut an ihr Umfeld kommunizieren.
  • Analyse Filzmaier: Ein PR-Berater meinte einmal sinngemäß, die Grünen sollten nicht theoretisch die Welt retten, sondern sich mehr praxisbezogen mit Wien-Ottakring auseinandersetzen. Insofern ist für Ulrike Lunacek die Kritik, sie wäre ungeachtet ihrer Sachkompetenz zu wenig zupackend, eine offene Flanke. Was zählt, ist, ob die Grünwähler das anders sehen.

Matthias Strolz: Theorie schlägt Praxis

  • Ergebnis Kompetenzanalyse: Der Kandidat bevorzugt Ideen und die Konzeptarbeit. Da er aber die Durchsetzung nicht so wichtig nimmt, klappt die Realisierung nicht immer.
  • Analyse Hill: Matthias Strolz liefert mutig gute Ideen, die andere dann realisieren sollten. Seine Kreativität kommt nicht so volksnah an. Durch die Begeisterungsfähigkeit wirkt er manchmal etwas realitätsfern.
  • Analyse Filzmaier: Man muss den NEOS zugestehen, dass sie als Oppositionspartei nicht nur dagegen sind, sondern detaillierte Konzepte ausarbeiten. Der Haken für Matthias Strolz ist, dass er nach dem Testergebnis als weniger umsetzungsstark gilt. Stimmt das wirklich so, könnten mögliche NEOS-Wähler trotz inhaltlicher Zustimmung lieber Sebastian Kurz und die ÖVP wählen.

Heinz-Christian Strache: Will beides liefern

  • Ergebnis Kompetenzanalyse: Der Kandidat möchte zuerst an Konzepten arbeiten und diese dann in der Praxis anwenden.
  • Analyse Hill: Heinz-Christian Strache will Theorie und Praxis unter einen Hut bringen. Dieser hohe Anspruch birgt auch das Risiko einer Überforderung. In seiner Umgebung können unerfüllte Versprechen auch zu Enttäuschungen führen.
  • Analyse Filzmaier: Im Test liegt Heinz-Christian Strache in der Mitte, doch politisch gibt er sich als hemdsärmeliger Praktiker. Das ist strategisch richtig, denn mit einem Theoretiker fangen die Wähler der FPÖ nichts an. Bei diesen ist aber die Erwartungshaltung sehr hoch, dass alles umgesetzt werden kann. Das wird schwierig für Strache, sollte er in die Regierung kommen.

Peter Pilz: Volksnah mit Niveau

  • Ergebnis Kompetenzanalyse: Der Kandidat zeigt eine gesunde Mischung aus geistigen Ansprüchen und bodenständigem Pragmatismus.
  • Analyse Hill: Peter Pilz arbeitet Projekte aus und realisiert diese auch. Mit seinem Mut und Durchsetzungswillen klappt das auch recht gut.
  • Analyse Filzmaier: Peter Pilz schafft es besser als seine Ex-Partei, sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, abgehoben zu sein. Er hat ja auch vor seinem Abgang von den Grünen mehr praktische Volksnähe eingefordert, was ihm prompt parteiintern den Vorwurf des Populismus einbrachte. Im Wahlkampf ist das aber für seine neue Liste kein Nachteil. Eher im Gegenteil.

Sebastian Kurz: Packt selbst an

  • Ergebnis Kompetenzanalyse: Der Kandidat ist sehr praxisorientiert, er packt lieber an. Man könnte ihn als einen Menschen "zum Angreifen" bezeichnen.
  • Analyse Hill: Sebastian Kurz braucht in seinem Kabinett gute Experten, die sich um die Vor- und die Nacharbeit kümmern. Dann kann er seine Projekte leicht vermarkten. Ihm kommt zugute, dass er sich gerne unters Volk mischt und nahe beim Wähler ist.
  • Analyse Filzmaier: Für Sebastian Kurz ist das Image desjenigen, der nahe bei der Praxis und den Menschen ist, sehr wichtig. Das hat die ÖVP vor seiner Zeit auf Bundesebene jahrzehntelang weniger vermittelt. Zugleich umgibt Kurz sich gerne mit Experten und schützt sich dadurch geschickt gegen umgekehrte Vorwürfe, er würde nicht auf gut überlegter Grundlage handeln.

Alexandra Halouska und Patrick Warger, Kronen Zeitung/kal

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