Schauspielhaus Graz

Schwabs “Faust”: Sinnsuche im Studierzimmergehirn

Steiermark
30.09.2017 12:59

Mit der österreichischen Erstaufführung von Werner Schwabs "Faust :: Mein Brustkorb : Mein Helm" in der Regie von Claudia Bauer startet das Grazer Schauspielhaus fulminant in die Saison: zwei Stunden Sprachkunst auf mehreren Ebenen - von einem ausgezeichneten Ensemble hochkonzentriert aufbereitet und serviert.

Mit "Faust :: Mein Brustkorb : Mein Helm" hat Werner Schwab Goethes Drama als Material benutzt, um es in seine eigene sprachliche und gedankliche Welt zu überführen. Wobei nicht immer gleich zu verstehen ist, was der 1994 jung verstorbene Grazer Dramatiker zu sagen hat. Auf unterschiedlichen Sprach-Ebenen dringt er zum Kern vor, erschafft Wörter, die viele Bedeutungen und mitunter ganze Universen in sich tragen, setzt sie in einen Rhythmus, um dann wieder triviale Fetzen einzustreuen. Und doch kristallisiert sich mit dem Faust eine Figur heraus, die in all dem Chaos einen Sinn sucht, den es im Schwab-Kosmos freilich nicht geben kann. Dafür erschafft Faust sich in seinem Studierzimmergehirn einige Abspaltungen seiner selbst, die als Wagner, Mephisto, Margarethe, Valentin und Marthe Schwerdtlein bizarre Gestalt annehmen - unterstützt von Dirk Thieles Kostümen.

Mit Sounds, Bühne und Licht
Regisseurin Claudia Bauer kennt ihren Schwab gut, unterstreicht sprachliche Ebenen durch verschieden Sounds (Peer Baierlein) und zeigt das Innere des Studierzimmers, dass sich in einem Bühnenwagen befindet, mittels kunstvollem Video-Einsatz (OchoReSotto) vor einer Zuschauertribühne (Bühne: Patricia Talacko). Über die von der Souffleuse Rosemarie Brenner eingelesenen Regieanweisungen Schwabs fügt sie noch eine weitere Ebene ein, verweigert aber oft durchaus komisch deren Umsetzung.

Hervorragendes Schauspieler-Sextett
Vor allem aber hat sie mit dem hervorragenden Schauspielersextett an der Aneignung der Schwab’schen Sprache gearbeitet - und so werden die komplexen Konstruktionen lustvoll zelebriert. Florian Köhler reißt das Publikum als völlig desillusionierter, abgefuckter Faust mit. Benedikt Greiner ist ein intellektuell glänzender Mephisto, der im schwarzen Glitzerkleid ein wenig Todeserotik einsetzt. Die völlig nihilistische, überaus emanzipierte Margarethe ist bei Henriette Blumenau in besten Händen, so wie der halbintellektuelle Prügelknabe Wagner bei Fredrik Jan Hofmann. Julia Gräfner gibt überzeugend eine derbe Marthe, Raphael Muff einen dem Faust nicht gewachsenen Gegenspieler Valentin.

Alles in allem: ein fordernder, aber bereichernder Abend, der Schwab an den ihm zustehenden Platz rückt.

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