Dilemma für Bach

Olympia-Skandal überschattet Doppelvergabe in Lima

Sport
12.09.2017 19:07

Eigentlich soll die Vollversammlung in Lima einen Neustart für das IOC markieren: Mit Paris und Los Angeles werden am Mittwoch in Peru zwei starke Olympia-Gastgeber gekürt. Doch ein Skandal um die letzten Spiele liegt zunächst wie ein Schatten über der Doppelvergabe. IOC-Präsident Thomas Bach wollte über die Zukunft sprechen, musste aber fast 45 Minuten lang Fragen zu einem neuen Skandal beantworten.

Die Frage vor der historischen Doppelvergabe der Olympischen Spiele am Mittwoch an Paris 2024 und an Los Angeles 2028 lautete: Wurden die Spiele 2016 in Rio gekauft? Bach gab sich in der peruanischen Hauptstadt, wo das historische Ereignis gefeiert werden soll, natürlich als Kämpfer gegen Korruption. "Wenn Beweise vorgelegt werden, werden wir handeln", sagte er und versuchte vorzubauen. "Keine Organisation in der Welt ist immun."

Es ist gerade mal ein gutes Jahr her, da schaute ein Milliardenpublikum auf Carlos Arthur Nuzman. "Der beste Platz ist jetzt hier", rief der brasilianische Chef des Organisationskomitees bei der Eröffnung der Olympischen Spiele von Rio de Janeiro. Dieser Nuzman musste nun seinen Reisepass abgeben, sein Haus wurde durchsucht, seine Konten gesperrt. Und er ist es, der Bach die so sorgfältig vorbereitete erst zweite Doppelvergabe bei der IOC-Session, der Vollversammlung der Mitglieder, in Lima zu verhageln droht. Und es geht mittlerweile um die Frage, ob auch bei der Vergabe an Tokio 2020 geschmiert wurde.

Eher unwahrscheinlich ist, dass sich das IOC in Zukunft - Jahre nach der Vergabe an Paris und Los Angeles - Vorwürfen stellen müsste, dabei sei etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen. Wieder sprach der deutsche IOC-Präsident von einer "goldenen Gelegenheit", zwei Städte dieses Formats am Ende küren zu können. Bach hat bei allem aktuellen Ärger bekommen, was er wollte. Das IOC kann auf verlässliche Partner setzen und gewinnt Zeit, die angesichts der Korruptionsvorwürfe offensichtlich nötigen Reformen anzupacken.

Als Bach im vergangenen Dezember die Debatte um die Vergabepraxis angeschoben hatte, war dem Fecht-Olympiasieger von 1976 klar, dass es so nicht weitergehen kann. Vor der außerordentlichen Vollversammlung der IOC-Mitglieder beschrieb er am 11. Juli das Dilemma so: Früher hätten Bewerbungen noch ein ganzes Land hinter sich gesammelt. "Das hat sich dramatisch verändert, vor allem in Europa." Man müsse das nicht mögen, könne es aber eben nicht ignorieren. Unter diesem Aspekt ist das IOC mit der französischen Hauptstadt und der US-Westküsten-Metropole gut bedient.

Das Spektakel braucht in der Bevölkerung Rückhalt und eben für die milliardenschwere Vermarktung auch Glamour und Sexappeal, beides reichlich vorhanden. Beispielgebend für die Zukunft ist, dass sich die Kosten für 2024 und 2028 in einem vertretbaren Rahmen halten sollen. Mit 5,3 Milliarden Dollar will Los Angeles auskommen (knapp 4,5 Milliarden Euro). Dass das IOC 1,8 Milliarden Dollar als Teil des Deals beisteuert, freut die Stadt und versüßt natürlich auch ein bisschen das Warten. Paris kalkuliert mit 6,2 Milliarden Euro.

Mit diesen Vorbildern können sich Thomas Bach und das IOC nun mit ausreichend Zeit auf die Suche nach - auch politisch unverdächtigen - Kandidaten für die Winterspiele 2026 und die Sommerspiele 2032 machen und die Vergabepraxis grundlegend reformieren.

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(Bild: KMM)



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