Erstes Urteil

G20-Krawalle: 31 Monate Haft für Randalierer (21)

Ausland
28.08.2017 19:33

Im ersten Prozess rund um die G20-Krawalle Anfang Juli in Hamburg hat das Amtsgericht Hamburg einen 21-Jährigen zu zwei Jahren und sieben Monaten Haft verurteilt. Der Niederländer wurde am Montag des schweren Landfriedensbruchs, der gefährlichen Körperverletzung, des besonders schweren Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und Widerstands schuldig gesprochen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Damit ging das Gericht deutlich über die Strafforderung der Staatsanwaltschaft hinaus, die ein Jahr und neun Monate gefordert hatte. Die Verteidigerin pochte auf Freispruch. Der Richter selbst sagte, er gehe davon aus, dass die Verteidigung Berufung einlegen werde. Erboste Zuschauer im Gerichtssaal und der Angeklagte verabschiedeten sich mit erhobener Faust.

Randalierer warf Flaschen auf Polizeibeamte
Nach Überzeugung des Richters hatte er am späten Abend des 6. Juli bei Krawallen im Schanzenviertel zwei Flaschen auf einen Polizeibeamten geworfen. Seiner Festnahme hatte er sich widersetzt, indem er eine sogenannte Embryonalhaltung annahm und seine Muskeln anspannte. Eine der Flaschen hatte einen 30 Jahre alten Bereitschaftspolizisten aus Berlin am Helm getroffen, die andere am Bein. Er erlitt Schmerzen am Kopf, ließ sich aber nicht behandeln oder krankschreiben. Er konnte den 21-Jährigen anschließend festnehmen. Dabei wurde der junge Mann aus Amsterdam im Gesicht verletzt. Ein Kollege (34) hatte die Flaschenwürfe beobachtet und die Festnahme mit abgesichert.

G20- Proteste: "Schneise der Verwüstung" in Hamburg

G20-Chaos: Fast 600 Polizeibeamte wurden verletzt
Die beiden Beamten gehörten zu einer Hundertschaft, die zur Begleitung der linksautonomen Demonstration "Welcome to Hell" an dem Tag aus Berlin gekommen war. Tausende Kundgebungsteilnehmer am Fischmarkt hatten wegen der Bildung zweier Schwarzer Blöcke nicht durch die Stadt ziehen dürfen. Nach Ausschreitungen und dem Eingreifen der Polizei war sie für beendet erklärt worden. Anschließend bildeten sich Spontandemonstrationen, wie sie die beiden Beamten vor Gericht beschrieben. 592 Beamte seien zwischen Einsatzbeginn am 22. Juni und Einsatzende am 10. Juli "durch Fremdeinwirkung" verletzt worden, sagte Einsatzleiter Hartmut Dudde.

"Polizisten sind kein Freiwild für die Spaßgesellschaft"
Der Richter begründete sein überraschend hartes Urteil auch mit einer Gesetzesverschärfung zum Schutz von Amtsträgern bei Diensthandlungen. Diese sei vor dem G20-Gipfel am 30. Mai in Kraft getreten. Der Einsatz der Polizisten, die eine Spontandemonstration begleitet hatten, sei eine solche normale Diensthandlung gewesen. Gerichte hätten sich mit ihren Entscheidungen vor jene Menschen zu stellen, die vom Gesetzgeber ausdrücklich unter Schutz gestellt worden seien. "Polizisten sind kein Freiwild für die Spaßgesellschaft oder - wie Freizeitforscher das verharmlosend nennen - für erlebnisorientierte Gewalttäter", sagte der Richter. Wegen überaus milder Urteile in der Vergangenheit sei der Strafrahmen vom Gesetzgeber heraufgesetzt worden.

Verteidigung: "Identität nicht zweifelsfrei geklärt"
Die Verteidigerin hatte in ihrem Plädoyer erklärt, dass die Identität des Angeklagten nicht zweifelsfrei geklärt sei. Er habe in einer Gruppe von unter 15 Personen gestanden und könne sich wegen dieser geringen Zahl gar nicht des Landfriedensbruchs schuldig gemacht haben. Die "Embryonalhaltung" sei eine Schutzreaktion gewesen. Ihr nicht vorbestrafter Mandant habe sich aus Angst zusammengekrümmt. Die Staatsanwältin hatte zur Begründung ihrer Strafforderung auf die Bedeutung der Generalprävention hingewiesen. Die Abschreckung potenzieller weiterer Täter sei dringend erforderlich.

Linksfraktion über Urteil erbost
Der Richter pflichtete der Verteidigerin bei, die das Gericht ermahnt hatte, nicht den politischen Forderungen nach harten Strafen, wie sie auch Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) erhoben hatte, nachzugeben. Es gehe nicht darum, die "törichten Forderungen" von Politikern zu erfüllen, betonte er. Die Linksfraktion in der Bürgerschaft warf dem Richter gleichwohl vor, der Vorgabe von Scholz zu folgen. "Sollten die Richter in den anstehenden weiteren Verfahren ebenfalls derart absurd hohe Strafen verhängen, wäre das ein besorgniserregender und nicht hinnehmbarer Angriff auf die Grundrechte", erklärte der justizpolitischer Sprecher der Fraktion, Martin Dolzer.

G20-Krawalle: Polizei ermittelt in mehr als 2000 Fällen
Insgesamt ermittelt die Hamburger Polizei wegen mutmaßlicher Straftaten von G20-Gegnern in mehr als 2000 Fällen. Das zeigen interne Zahlen der Sonderkommission "Schwarzer Block", die dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" vorliegen. Ein Polizeisprecher bestätigte am Montag auf Nachfrage den Umfang der Ermittlungen. "Ich kann die Zahlen bestätigen", sagte er. Die Statistik mit dem Stichtag 22. August umfasst dem Bericht zufolge vom 1. Januar bis Ende Juli 2036 Straftaten. Aus den Daten gehe jedoch nicht hervor, wie viele Taten es an den Gipfeltagen am 7. und 8. Juli gegeben haben soll.

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