Angst vor Vergeltung

Linksextreme Website kurzzeitig wieder online

Web
28.08.2017 08:32

Die verbotene linksextreme Internetplattform "linksunten.indymedia" hat sich am Wochenende vorübergehend im Netz zurückgemeldet. "Wir sind bald wieder zurück", stand am Samstag auf der Website, die am Sonntag aber wieder nicht erreichbar war. Das Bundeskriminalamt rechnet indes nach dem Verbot mit Vergeltungsaktionen von Linksextremisten.

Bei einer Protestaktion der linken Szene gegen das Verbot gingen am Samstagabend in Freiburg nach Polizeiangaben gut 300 Demonstranten auf die Straße. Die Kundgebung war nicht angemeldet, verlief laut Polizei aber friedlich und ohne besondere Vorkommnisse. Die Demonstranten versammelten sich den Angaben zufolge gegen 19.30 Uhr auf dem Freiburger Augustinerplatz, zogen durch die Innenstadt und beendeten die Aktion knapp zwei Stunden später auf dem Konrad-Adenauer-Platz. Auf den Transparenten standen Aufschriften wie "Pressefreiheit statt Polizeistaat".

Laptops und Waffen beschlagnahmt
Das deutsche Innenministerium hatte am Freitag das Verbot des Vereins "linksunten.indymedia" und der dazugehörigen Website verkündet, die als einflussreichste Internetplattform gewaltbereiter Linksextremisten in Deutschland gilt. Bei Durchsuchungen in Baden-Württemberg wurden neben Laptops auch Waffen wie Schlagstöcke, Zwillen und Butterflymesser beschlagnahmt. Nach Angaben des Stuttgarter Innenministeriums richtete sich die Polizeiaktion gegen fünf Objekte, darunter der sogenannte Kulturtreff in Selbstverwaltung in Freiburg, wo sich Mitglieder von "linksunten.indymedia" regelmäßig treffen.

"Cyberspace nicht in Eurem Hoheitsgebiet"
Die gesperrte Internetadresse linksunten.indymedia.org konnte am Samstag zwischenzeitlich wieder abgerufen werden. Zu lesen waren dort Auszüge der "Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace", die der Internetaktivist John Perry Barlow im Jahr 1996 beim Weltwirtschaftsforum in Davos verkündet hatte. Staaten hätten in der digitalen Welt "kein moralisches Recht" zu regieren, heißt es darin. "Der Cyberspace liegt nicht innerhalb Eurer Hoheitsgebiete. Glaubt nicht, Ihr könntet ihn gestalten." Am Sonntag war die Seite dann wieder offline.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer, erinnerte daran, dass nach der Verbotsverfügung der weitere Betrieb von "linksunten.indymedia" strafbar sei. "Hier muss der Rechtsstaat alle seine Möglichkeiten nutzen, denn Extremisten - egal von welcher Seite - dürfen in ihrem demokratiefeindlichen Handeln keine freie Bahn haben", erklärte er.

Polizei rechnet mit Vergeltungsaktionen
Das Bundeskriminalamt rechnet nach dem Verbot einem Bericht der "Welt am Sonntag" zufolge mit Vergeltungsaktionen von Linksextremisten. In einer vertraulichen Gefährdungsbewertung, die der Zeitung vorliegt, wird auch vor schweren Brandstiftungen wie beim G-20-Gipfel Anfang Juli in Hamburg gewarnt. Im Fokus stünden in erster Linie staatliche Einrichtungen und das Personal in Ämtern, Polizeidienststellen und Ministerien. Die Wiesbadener Behörde sehe aber auch Wahlkampfveranstaltungen gefährdet.

Kritik am Vorgehen des Bundesinnenministeriums gegen "linksunten.indymedia" kam von der innenpolitischen Sprecherin der Grünen-Fraktion im Deutschen Bundestag, Irene Mihalic. Grundsätzlich sei es zwar richtig, Aufrufe zu Straftaten konsequent zu verfolgen, sagte Mihalic der "Welt". Allerdings müsse genau geprüft werden, "ob die hohen rechtlichen Voraussetzungen für ein Vereinsverbot im Fall von 'linksunten.indymedia' tatsächlich vorliegen".

Fraglich sei auch, warum das bereits am 14. August ausgestellte Verbot erst zehn Tage später umgesetzt worden sei. "Nicht hinnehmbar wäre jedenfalls, wenn das Verbot nur dem Wahlkampf dienen sollte", sagte Mihalic.

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