Das große Interview

Poker um FlyNiki: Lauda will seine Airline zurück!

Wirtschaft
26.08.2017 15:55

Nach der Insolvenz von Air Berlin ist der Poker um Österreich-Tochter FlyNiki in vollem Gang - an vorderster Front steht dabei die Lufthansa. Im Interview mit Conny Bischofberger wirft Gründer Niki Lauda (68) den Deutschen ein böses Spiel vor. Er spricht über sein Interesse an FlyNiki, den österreichischen Wahlkampf und Michael Schumacher.

In Spa, beim Formel 1-Grand Prix von Belgien, ist gerade Trainingspause, als Niki Lauda am Freitagnachmittag auf seinem Handy abhebt. "Was gib's?" Er sitzt im Mercedes-Motorhome, direkt an der Rennstrecke, und hat zwei Stunden Zeit bis zum nächsten Durchgang. Der Insolvenz von Air Berlin - für ihn eine logische Konsequenz eines jahrelangen Missmanagements - widmet er sich mit derselben Leidenschaft und Präzision wie dem Abschneiden der Mercedes-Piloten Lewis Hamilton und Valtteri Bottas.

"Krone":Herr Lauda, tut es Ihnen heute Leid, dass Sie FlyNiki an Air Berlin verkauft haben?
Niki Lauda:Nein, das war damals richtig und ich sage Ihnen auch warum! Die Air Berlin hat mich seinerzeit gebeten, meine Flugzeuge zu verkaufen und zurückzuleasen. Das spült zwar kurzfristig eine Menge Geld in die Kasse, aber logischerweise hat man dann in der Zukunft hohe Leasingraten, die man bezahlen muss. Ich habe mich geweigert, das zu machen, denn FlyNiki ist immer profitabel geflogen und von 22 Flugzeugen haben 20 uns gehört. Wie es sich halt für eine anständige Airline gehört Deshalb habe ich Air Berlin gesagt, wenn sie mich dazu zwingen wollen, dann gibt es nur einen Weg. Sie müssen mir meine Anteile abkaufen und so war's.

Sie haben schon in Ihrem Buch "Reden wir über Geld" kritisiert, dass die Air Berlin nicht aufs Geld schaut.
Ich wusste immer, dass das nie, nie funktionieren kann. Zu hohe Kosten, zu wenig Einnahmen. Jedes Jahr ein neuer CEO, der vom Geschäft wenig verstanden hat oder sagen wir, der nicht fähig war, die schweren Verluste einzudämmen. Durch diese Managementfehler ist die Air Berlin genau da hineingerumpelt, wo sie heute ist. Das war alles vorhersehbar.

War die Finanzspritze des deutschen Staates von 150 Millionen Euro in Ihren Augen okay?
Auf den ersten Blick war sie richtig. Sonst wären 80.000 Passagiere nicht mehr aus ihrem Sommerurlaub nach Hause gekommen. Aber hinter den Kulissen hat sich die Lufthansa seit Beginn des Jahres schon mit diesem Szenario auseinandergesetzt und ein Konzept erarbeitet, wie sie die Air Berlin in der Insolvenz dann filetieren kann.

Es sieht ganz so aus, als würde auch FlyNiki letztendlich an die Lufthansa gehen, oder?
Die Politik vergisst wieder einmal komplett, dass wir Wettbewerb brauchen. Ein Monopol der Lufthansa wäre eine Katastrophe. Da müssten sich alle - Flughäfen, Reiseveranstalter und Passagiere - an den Kopf greifen. Ein Monopol ist immer ungesund. Die Frage ist ja, warum FlyNiki, eine 100-Prozent-Tochter der Air Berlin, nicht insolvent ist? Das ist schon interessant. Die Antwort ist: Weil die Lufthansa ihre Slots, Düsseldorf und Berlin, behalten will. Deshalb wurde die Niki-Insolvenz hinausgezögert. Damit die Lufthansa FlyNiki als erste übernehmen kann, ohne Insolvenz und mit den wertvollen Slots.

Kann man das noch verhindern?
Ich glaube, dass die Insolvenzverwalter jetzt langsam draufkommen, dass es so nicht geht. Denn der Insolvenzverwalter muss ja versuchen, möglichst viel Geld hereinzubekommen. Wenn er nur einen Anbieter hat, dann dominiert der den Preis. Easyjet und Ryan-Air haben deshalb komplett Recht, wenn sie schäumen vor Wut. Auch Thomas Cook, mit Condor einer der größten Reiseveranstalter, ist auf die Barrikaden gegangen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Kartellbehörden genehmigen würden, dass aus Niki eine Schwester der AUA gemacht wird. Dann gäbe es in Österreich in Zukunft überhaupt keinen Wettbewerb mehr.

Hätten Sie selber Interesse an FlyNiki?
Ich habe einen Brief an den Insolvenzverwalter von Air Berlin geschrieben, in dem ich mein Interesse an FlyNiki bekunde. Jetzt bin ich gespannt, was passiert, ob ich überhaupt zu den Verhandlungen eingeladen werde. Bei mir können sie ja schwer sagen, dass ich nichts von dem Geschäft verstehe.

Ist das nur Taktik oder könnten Sie sich wirklich vorstellen, noch einmal einzusteigen?
Erst einmal will ich die gleiche Chance haben wie die Lufthansa, die das von langer Hand geplant hat. Ich möchte einen Blick in die Bücher werfen, um zu sehen, was sich seit meiner Zeit bei FlyNiki geändert hat. Erst dann könnte man logischerweise entscheiden, ob es einen Sinn macht, Niki wieder zu übernehmen.

Also ja?
Wie gesagt, man müsste sich die Kostenstruktur genau anschauen. Wenn es Sinn macht, dann könnte man es sich überlegen.

Die FlyNiki-Mitarbeiter bangen jetzt um ihre Jobs. Fühlen Sie sich immer noch ein bisschen verantwortlich?
Verantwortlich kann ich nur sein, wenn ich drin bin. Aber natürlich denke ich an die Mitarbeiter. Denn machen wir uns nichts vor: Wenn die Lufthansa mit ihrem Konzept durchkommt, dann gehen zwar sämtliche Piloten, Flugbegleiter und Techniker mit diesen Flugzeugen mit, aber die Leute aus der Verwaltung, aus den Overhead-Offices, sind dann nicht mehr notwendig.

Würden Sie noch Air Berlin- oder FlyNiki-Tickets kaufen?
Sind Sie verrückt? Keiner weiß, was nach der Insolvenz kommt. Vielleicht sogar ein Konkurs. Also Tickets kann man keine mehr kaufen, will ja keiner weiß, welche Flieger in Zukunft noch in der Luft sind.

Stellen Sie sich manchmal die Frage, was aus Ihren Airlines geworden ist?
Ich beschäftige mich nicht mit der Vergangenheit. Die Lauda ist an die AUA gegangen, die dann dauernd gejammert haben, dass ich alles falsch gemacht hätte. Dabei hätten sie die Lauda nur richtig integrieren müssen, so wie es die Lufthansa mit Eurowings gemacht hat. Dasselbe mit Flyniki und Air Berlin.

Stört es Sie nicht, dass am Himmel Flieger mit Ihrem Namen herumjetten, die nicht mehr Ihnen gehören?
Nein, überhaupt nicht, ich bin ja schließlich der Gründer. Ich glaube, dass wir alle bei FlyNiki einen guten Job gemacht haben. Mich stört nur, wie das ganze jetzt abläuft, und dass die Politiker in Deutschland sagen: Alles super!

Apropos Politiker. Sie haben im österreichischen Wahlkampf mehrfach Sebastian Kurz gelobt. Hatten Sie ein Angebot, zur Liste Kurz zu gehen? Oder ein türkises Kapperl zu tragen?
Mein Kapperl ist gebucht, und ich arbeite gern mit Novomatic zusammen. Nein, ein Angebot für die Liste Kurz hatte ich nicht, denn ich unterstütze ihn ja ohnehin. Warum? Weil dieses Land dringend Veränderung braucht. Deshalb gibt es Gott sei Dank Neuwahlen, denn Rot-Schwarz ist unerträglich geworden.

Wäre Schwarz-Blau denn besser?
Das kann ich nicht beurteilen. Momentan liegt Kurz deutlich voran, aber man sollte auch Kern und Strache nicht unterschätzen. Das ist wie in der Formel 1. Da gibt es auch nicht nur Vettel, sondern es sind auch Hamilton, Ricciardo und Verstappen im Rennen. Du weißt nie, wer am Ende gewinnt.

Herr Lauda, vor 25 Jahren hat beim Großen Preis von Belgien Michael Schumacher seinen ersten Sieg geholt. Vermissen Sie ihn?
Alle vermissen ihn hier, und alle warten. Mehr kann man nicht tun. Wir wissen alle nicht, wie es ihm geht.

Was wünschen Sie ihm?
Dass wir ihn irgendwann wiedersehen, aber ich glaube, das ist eine Illusion.

Seit 50 Jahren schnell unterwegs
Geboren am 22. Februar 1949 in Wien. Dreifacher Formel-1-Weltmeister, Airline-Gründer (Lauda Air, FlyNiki) und Aufsichtsratsvorsitzender beim Formel-1-Team von Mercedes. Seit zwei Jahren fliegt der langjährige Linienpilot (19.000 Flugstunden) als Markenbotschafter von Bombardier einen Global-6000-Business-Jet. Auf seinem legendären Kapperl macht Lauda Werbung für Novomatic. Seit 2008 verheiratet mit Birgit, Vater von drei erwachsenen Söhnen und den Zwillingen Max und Mia (werden im September acht Jahre alt).

Conny Bischofberger, Kronen Zeitung

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