Swap-Prozess:

Salzburg blickt nach Mannheim

Salzburg
14.08.2017 21:50

"Ich wollte nur das Beste für die Stadt": Ein Satz, der unlängst und mehrfach im Landesgericht zu hören war. Es ist auch die aktuelle Aussage einer deutschen Ex-Bürgermeisterin, die derzeit in Mannheim vor Gericht steht. Der Verdacht lautet wie in Salzburg auf Untreue. Und wie bei uns geht es ums Gleiche: Swap-Geschäfte.

Was haben Salzburg und Pforzheim, eine Stadt im deutschen Bundesland Baden-Württemberg, gemeinsam? Richtig: Sie sind von der Einwohnerzahl her vergleichbar groß. Auch richtig: Hier und dort sind spekulative Zinstausch-Geschäfte den verantwortlichen Politikern sprichwörtlich auf den Kopf gefallen. Zwischen 2004 und 2008 haben die Pforzheimer Entscheidungsträger, in diesem Falle die damalige Oberbürgermeisterin Christel Augenstein und ihre Finanz-Beamten, mit dem hochkomplexen Derivate-Handel versucht, das Budget aufzubessern - laut Anklage ebenfalls am Gemeinderat vorbei. Als die ersten Geschäfte Miese machten, versuchte man - wieder Parallelen mit Salzburg - mit weiteren (Gegen)-Swaps dies umzukehren. Zum Schluss blieb jedenfalls ein Verlust von 58 Millionen Euro übrig, heißt es in deutschen Medien. Durch Bank-Vergleiche konnte die Stadt den Schaden auf 12 Millionen Euro drücken. Übrigens: Im Zuge der Ermittlungen gab es auch eine Razzia im dortigen Rathaus.

Ex-Stadtchefin ist wegen Gift-Derivate vor Gericht

Einige Unterschiede zum Swap-Prozess in Salzburg (der mit nicht rechtskräftigen Schulsprüchen endete) sind aber ersichtlich: So ist die Angeklagte durch ihre finanzwirtschaftliche Ausbildung durchaus mit der Thematik, und den Risiken, bewandert. Mitangeklagt sind die Kämmerin (bei uns wäre es der Finanzdirektor des Magistrats), der Stellvertreter der Oberbürgermeisterin und auch zwei Banker. Alle bestreiten die Vorwürfe.

Finanzskandal: Noch arbeitet der Staatsanwalt

Laut der "Süddeutschen" sagte die Oberbürgermeisterin: Sie habe "keinerlei Hinweise" gehabt, dass sich die Geschäfte zum Nachteil ihrer Stadt entwickeln könnten. Und sie hatte "keinen Zweifel an der Rechtmäßigkeit" der Vorgangsweise.

Salzburg kann daher durchaus einen interessierten Blick auf den aktuellen Prozess im Landgericht Mannheim werfen. Urteile werden 2018 fallen. 27 Verhandlungstage sind bis zum 18. Jänner ausgeschrieben.

Zu 3 Fakten-Komplexen gibt es Ermittlungen

Möglich, dass bis dahin eine neue Anklage rund um den Landes-Finanzskandal Salzburg erreicht. Laut Rene Ruprecht, Sprecher der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, wird derzeit in drei Fakten-Komplexen gewühlt:

Derivatehandel: Wie berichtet haben Korruptionsjäger aus den 10.000en Einzelgeschäften, die das Land bis 2012 abschloss, rund 700 herausgepickt. Bei etwa 100 wird die Lupe rausgeholt. Ruprecht betont aber, dass es "nicht absehbar" ist, wann und ob es ein Ergebnis geben wird. Drei Beschuldigte werden angeführt. Laut "Krone"-Informationen gehören die Ex-Beamten Monika Rathgeber und Hofrat Eduard Paulus dazu.

Steuern verkürzt: Auch eine mögliche Steuerhinterziehung wird geprüft. Bekanntlich ist mit Geldern des Wohnbau-Fonds sowie Versorgungs und Unterstützungs-Fonds spekuliert worden. KESt und KöSt wurden aber nicht abgeführt. Erst viel später zahlte das Land 130 Mio. Euro zurück.

Anwaltskosten: Nur gegen Noch-Bürgermeister Heinz Schaden laufen Ermittlungen wegen der Verteidigerkosten zum Swap-Prozess. Diese hat die Stadt bekanntlich übernommen. Hier lautet der Vorwurf auf Untreue.

Antonio Lovric, Kronen Zeitung

Sie wollten alle nur das Beste: Endspiel mit der Katastrophe

"Ende. Es ist zu Ende. Es geht zu Ende. Es geht vielleicht zu Ende."

Autor Samuel Beckett beginnt so sein einst bei den Festspielen gefeiertes Drama "Endspiel." Auf der Bühne mit schwarzen Sonnenbrillen der geniale Nicholas Ofczarek.

Die Stakkato-Sätze könnten natürlich auch bei einer Besprechung im Finanz-Ressort gefallen sein. So denken genervte Spieler, wenn sie ihr Geld in den einarmigen Banditen einwerfen.

In diesem Zusammenhang erscheint es ziemlich auffallend, dass sich die Stadt Salzburg zum Zentrum des illegalen Glücksspiels entwickelt hat. Ungezählte Automaten stehen in den Hinterzimmern von Lokalen, doch die Behörde scheint gegen die Mafia kaum vorzugehen.

Zurück nun zum von der Politik legalisierten Glücksspiel im Landescasino. Gegen den kolportierten Verlust von mehr als 400 Millionen Euro könnte man die verzockten Steuergelder in Baden-Württemberg ja direkt als Bettel bezeichnen.

Aber sie wollten ja alle nur das Beste und die Banken redeten ihnen das ein. In Deutschland und bei uns.

Wieso steht der Verantwortliche jener Salzburger Bank zumindest als Zeuge nicht vor Gericht, der dem Land eine halbe Milliarde Euro in Türkische Lira umgewechselt hat?

Ein Angestellter aus Oberbayern klagt die Hypo-Vereinsbank, weil diese ihm hoch riskante Swaps verkauft haben soll. Tausende Anleger - auch in Österreich - sind auf solche Tricks herein gefallen.

Ich meine, der nicht rechtskräftig verurteilte Ex-Landesfinanzreferent sollte eine umfassende Erklärung über alle Vorgänge abgeben. Das wirkt mit Sicherheit strafmindernd.

Hans Peter Hasenöhrl, Kronen Zeitung

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