Medizinskandal

Brustimplantat-Opfer erhalten vorerst je 3000 Euro

Österreich
03.08.2017 09:19

Im Skandal um mangelhafte Brustimplantate der französischen Firma Poly Implant Prothese (PIP) erhalten 69 betroffene Frauen aus Österreich jetzt je 3000 Euro vorläufigen Schadenersatz. Das teilte der Verein für Konsumenteninformation, der die Frauen im Auftrag des Sozialministeriums vertritt, am Donnerstag mit.

PIP hatte für die medizinisch nicht zugelassenen Implantate offenbar billiges Industriesilikon verwendet. Die Folgen für Hunderttausende Frauen weltweit waren platzende Implantate und Entzündungen, die einen raschen Austausch erforderten. Manche Ärzte rieten auch Frauen ohne akute Beschwerden zum Austausch der Implantate, was für die Betroffenen erneute Operationen, Schmerzen und Angst vor Folgeschäden bedeutete.

Die aus dem fehlerhaften Produkt entstandenen Schäden könnten die Betroffenen eigentlich gegen den Hersteller geltend machen. Doch PIP ist insolvent, somit sei für die Geschädigten dort nichts zu holen, berichtete der Verein für Konsumenteninformation (VKI). Hingegen waren der deutsche TÜV Rheinland und der TÜV Rheinland France, die die PIP-Implantate zertifiziert hatten, im Jänner vom Handelsgericht im französischen Toulon zu insgesamt 60 Millionen Euro Schadenersatz verurteilt worden. Den Klägerinnen aus Österreich wurden je 3000 Euro Vorschusszahlung zugesprochen.

TÜV-Beschwerde auf Zahlungsaufschub abgewiesen
Laut Begründung des Gerichts habe der TÜV gegen seine Kontroll- und Aufsichtspflichten verstoßen und die PIP-Implantate nicht bzw. nicht ausreichend geprüft. Aufgrund der angegebenen Menge an Implantaten habe es bei den geprüften Buchhaltungsunterlagen auffallen müssen, dass PIP ein anderes, nicht zugelassenes Silikongel verwendete. Der TÜV legte umgehend Rechtsmittel ein, war mit seiner Beschwerde auf Zahlungsaufschub aber nicht erfolgreich. Das Berufungsgericht wies den entsprechenden Antrag zurück. Der TÜV bezahlte daher an alle Klägerinnen aus Österreich den vorläufig zugesprochenen Schadenersatz von insgesamt 207.000 Euro aus.

Strafverfahren auch gegen Unternehmensgründer
"Wir sind im Interesse der Geschädigten froh, dass die gerichtliche Klärung voranschreitet und der TÜV zu einer vorläufigen Zahlung von 3000 Euro pro Klägerin verurteilt wurde", sagte Ulrike Wolf, Leiterin der Abteilung Sammelaktionen im Bereich Recht des VKI am Donnerstag. Jetzt sei abzuwarten, ob man im Hauptverfahren gegen den TÜV gewinnen werde. Darüber hinaus unterstütze der VKI die 69 Frauen auch im Strafverfahren gegen den Unternehmensgründer Jean-Claude Mas und vier leitende Angestellte von PIP. Mas war zu einer unbedingten, alle anderen Angeklagten zu (teil-)bedingten Haftstrafen verurteilt worden.

Weil sich die Täter als vermögenslos deklariert hatten, besteht bei Rechtskraft des Urteils für die Frauen die Möglichkeit, über den französischen Opferfonds SAVRI teilentschädigt zu werden. Da eine leitende Angestellte das Urteil annahm, hat der Großteil der Teilnehmerinnen durch Antrag des VKI bereits Geld erhalten. Bei einem rechtskräftigen Urteil der anderen vier Angeklagten, die Rekurs eingelegt haben, würden auch die restlichen Geschädigten Geld aus dem Opferfonds bekommen.

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