Prozess

Macht gegen das Recht und dann die Tyrannei

Salzburg
31.07.2017 10:47

"Tyrannei," sprach Strafverteidiger und Bestseller-Autor Ferdinand von Schirach am Donnerstag zwischen Zwölf und Eins, "entsteht durch die Aufhebung der Gewaltenteilung." Und zum Schluss meinte er: "Gerade in diesen aufgeregten Zeiten müssen wir also das Recht gegen die Macht stellen."

30 Stunden nach dieser Festspiel-Rede in der Felsenreitschule fiel am Freitag um Sechs im Landesgericht das Urteil im politischen Spekulationsprozess der Stadt.

Schon vorher waren verzweifelte Versuche gestartet worden, Einfluss zu nehmen. Sogar Bürgermeister aus den Landgemeinden spendeten ihre Worte, die unabhängigen Medien druckten das alles natürlich nicht ab.

Nach der Verkündigung der harten Strafen gab es einen emotionalen Ausfall der Tochter eines angeklagten Politikers, menschlich nachvollziehbar. Dem bekannten Hofrat entfuhr der Schrei: "Ein Fehlurteil!" Die Courage hätte er in seinem Amt zeigen müssen.

Die Verzweiflung der roten Funktionäre scheint verständlich. Aber es ist noch nicht alles ausgestanden, da folgen noch einige Verfahren. Schon wieder ein Finanzskandal im schwarzen Land und immer fällt es auf die rote Seite.

Ein Mail-Stakkato unter dem Tenor "Fehlurteil" und "Armer Heinzi" prasselte Freitag Abend auf die Redaktionen ein, doch die überragenden kommunalen Verdienste des Bürgermeisters hatte überhaupt niemand je in Frage gestellt.

Die Angriffe gegen die souveräne und überlegene Richterin durch die Verteidigung waren persönlich und untergriffig. Letztklassig.

Blenden wir zurück: Zum Skandal um die WEB, es ging um die betrügerischen Hausanteilscheine, die tausenden Salzburgern ihre Ersparnisse kosteten. Bei der Feier einer Sparkasse im Großen Festspielhaus donnerte damals die rote Landeshauptfrau in den Saal: "Die Falschen werden angeklagt!"

Am heftigsten applaudierten da einige führende Mitarbeiter, die knapp vor ihrem Gerichtsverfahren standen. Jahrelang hatte man es zu verzögern versucht. Die Sparkasse hatte nämlich WEB-Scheine verkauft.

Nach dem harten Urteil gegen einen Direktor (mehrere Jahre Haft) startete ein ehemaliger schwarzer Landeshauptmann eine Unterschriftenaktion, um ihm den Strafantritt zu ersparen.

Eine drakonische Gegenreaktion folgte: Polizisten mit Blaulicht stoppten den O-Bus, mit dem der Banker in die Stadt fahren wollte, holten ihn heraus, brachten ihn ins Landesgericht und von dort überstellte man ihn gleich in die Strafanstalt für Schwerverbrecher in Stein im fernen Niederösterreich.

"Macht ohne Moral!"

Der Banker DDr. Manfred Holztrattner hat den Titel für sein Buch gewählt. Bei seinen Ansprachen warnte er vor Zockern und Spekulanten und sandte dadurch "Signale an die Politiker." Sie wurden nicht gehört.

Mit der Universität und der Erzdiözese gründete Holztrattner die Salzburger Ethik-Initiative, eine bedeutsame Einrichtung.

Holztrattner klagt immer wieder an: Das Land Salzburg hatte Partner, deren schlechter Ruf bekannt war und Produkte im Portfolio, vor deren Gefährlichkeit Großspekulanten warnten.

Eine Ironie der Geschichte wird jetzt bekannt: Finanz-Hofrat Eduard Paulus referierte in schmucker Uniform am 15. Jänner 2009 beim Neujahrsempfang seiner Offiziersgesellschaft im Heeresgeschichten Museum in Wien auch über zwei Themen: "Das Milliardenpaket zur Rettung der Banken" und die "Finanzkrise."

Hans Peter Hasenöhrl, Kronen Zeitung

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