Swap-Prozess

Heute heißt es alles oder nichts

Salzburg
27.07.2017 23:30

Es sind wohl die schwersten Stunden, die Bürgermeister Heinz Schaden heute durchleben muss. Um 9 Uhr haben er, Othmar Raus und 5 weitere Angeklagte noch die Möglichkeit ihre Sicht vor dem Schöffensenat zu erklären, dann wird voraussichtlich mehrere Stunden beraten: Verurteilung oder Freispruch!

Staatsanwalt Gregor Adamovic forderte harte Strafen aus "generalpräventiven Gründen", sein Plädoyer am Mittwoch war wie berichtet eine einzige Abrechnung rund um die Vorgänge bei der Swaps-Übertragung von der Stadt ans Land (siehe Kasten rechts unten).

Bedingte Strafen würden für Bürgermeister Heinz Schaden und für den Ex-Landesfinanzreferent Othmar Raus nicht ausreichen: "Geht man so mit dem eigenen Geld um? Nein, das macht keiner mit seinem eigenen Geld. Die Message des Prozesses muss sein: Niemand steht über dem Gesetz, auch nicht politische Entscheidungsträger, die viele Jahre gute Arbeit für eine Gebietskörperschaft geleistet haben." Für die weiteren Angeklagten - Ex-Finanzhofrat Eduard Paulus und die Ex-Finanzbeamtin Monika Rathgeber, ihr Kollege sowie der jetzige städtische Finanzdirektor und der jetzige Magistratsdirektor - beantragte er bedingte Strafen. Vor allem Rathgeber, die sich als Einzige geständig zeigte, habe zur Aufklärung beigetragen. Die anderen hätten sich "auffällig" an fast nichts mehr erinnern können.

18 Tage wurde seit dem 6. Juni verhandelt, die meisten Anträge der Verteidigung schmetterte der Schöffensenat nach zig Unterbrechungen ab. Der Unmut bei den meisten Angeklagten war dementsprechend groß: Die Richterin ließe nichts Entlastendes zu, der Weg zum Urteil sei vorprogrammiert, hieß es. Dabei haben die Verteidiger alles aufgefahren, was nur irgendwie zu Gunsten der Angeklagten ausfallen könnte. Es gelang den Gutachter der Staatsanwaltschaft aus dem Verfahren zu bugsieren, sie hinterfragten sämtliche Bewertungen der Swaps, stellten Rathgeber als Genie hin und wühlten in der Vergangenheit von Zeugen und des Gutachters, um die Glaubwürdigkeit zu erschüttern.

Richterin Anna-Sophia Geisselhofer quittierte selbst heftige Attacken eines Anwalts mit einem Lächeln. Der stellte die Lebenserfahrung des Schöffensenates in Frage und bestand auf einen neuen Gutachter.

In ihren Plädoyers betonten die Anwälte - bis auf Rathgeber-Anwalt Herbert Hübel - erneut die Unschuld ihrer Mandanten und forderten Freisprüche. Die Vorwürfe, Fakten und Beweise des Staatsanwalts zur Untreue bzw. Beteiligung zur Untreue würden "nie und nimmer" halten. Heute wird sich zeigen, ob das auch aufgeht.

Warum es zur Anklage wegen der Swaps kam

Die Stadt Salzburg hatte auch auf die Empfehlung des Rechnungshofes in den 2000er-Jahren Zinstauschgeschäfte (Swaps) abgeschlossen, um das Budget zu entlasten. Anfangs gab es Gewinne. 2006 veränderten sich die Finanzmärkte, die Stadt musste mehrfach umstrukturieren, das heißt auf Basis der alten Swaps neue abschließen, die eine negative Entwicklung stoppen sollten. Die Stadt entschied sich nach Einholen von Angeboten durch die Finanzabteilung für den später so genannten "Problem-Swap" mit Barclays. Der negative Barwert - das ist die zu einem Stichtag festgelegte Bewertung des Geschäftes - wurde wie üblich eingepreist. Bei Barclays wanderte so ein Minus von über drei Millionen Euro mit. Schaden unterschrieb die Umstrukturierungen mit der nach dem Stadtrecht möglichen Notverordnung, weil ein Beschluss durch den Gemeinderat zu lange gedauert hätte. Als er von der Finanzabteilung über das tatsächliche Ausmaß erfuhr, fiel er aus allen Wolken.

Nachdem die Idee aufkam, die Papiere dem Land zu geben, weil dort ein viel größeres Portfolio bewirtschaftet wurde, war klar, dass so der inzwischen angestiegene Verlust für die Stadt nicht schlagend werden konnte. Die Beamten sagen, die Politik hätte das veranlasst, die Politik sagt, sie hätte nur darüber gesprochen, aktiv wurden die Beamten. Fakt ist, dass sechs Papiere am 11. 9. 2007 ohne Gegenleistung übertragen wurden. Der Barwert schwebte zwischen minus vier und fünf Millionen. Die genaue Summe konnte aber auch das Gericht nicht feststellen. Obwohl kein Bargeld geflossen ist, wertet das der Staatsanwalt als finanziellen Schaden fürs Land, weil es keine Ausgleichszahlung gab. Tatsächlich bar bezahlt wurden vom Land "nur" 690.000 Euro an die Hypo, weil Rathgeber zwei Swaps wegen Hoffnungslosigkeit sofort auflöste. Den Barclays-Swap konnte sie mit einem Gegengeschäft ins Plus drehen.

Michael Pichler, Kronen Zeitung

JEDERMANN IN SALZBURG …

… kann einschätzen, wie es heute dem Bürgermeister geht. Es sind die schwersten Stunden in seiner politischen Karriere und Heinz Schaden ist auch nur ein Mensch.

Vielleicht hätte er sich ganz allein verteidigen sollen, ohne Rechtsanwalt.

Schwerste Stunden

Nur mit seinen Argumenten: Verluste von seiner Stadt abhalten, deren Finanzen er mit einem eisernen Sparkurs in Ordnung gebracht hat. In der viel weiter gegangen ist.

Die Attacken des Anwalts auf die Richterin waren jedenfalls entbehrlich.

Und die Rede des Staatsanwalts gegen die Politik etwas zu dick aufgetragen.

Heute ist es vorbei.

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