Interview

“Wir scharren wie Pferde in den Startlöchern”

Salzburg
26.07.2017 16:13

2015 feierte Golda Schultz im "Rosenkavalier" ihr Festspieldebüt. Heuer steht sie als Vitellia in Mozarts "La clemenza di Tito" auf der Bühne der Felsenreitschule.

Frau Schultz, Sie feierten 2015 als Sophie im "Rosenkavalier" ihr Festspieldebüt. Ihr Traum ein weiteres Mal hier aufzutreten ist nun in Erfüllung gegangen - heuer singen sie die Vitellia in Mozarts "La clemenza die Tito".

"Ich bin sehr glücklich, wieder ein Teil dieses wunderbaren Festivals zu sein. Besonders freut mich, dass ich, nachdem wir bereits seit fünf Wochen hier proben, nun auch die Zeit gefunden habe, die Stadt zu erkunden. Ich war am Mönchsberg, auf der Festung und habe nun endlich die Sound of Music Tour mitgemacht. Es war beeindruckend, und schien fast so, als hätte mich der Geist von Julie Andrews auf Schritt und Tritt begleitet."

Wie kam es zu ihrem Engagement?

"Ich hatte in Aix en Provence bei Teodor Currentzis und Peter Sellars ein Vorsingen. Es war einfach fantastisch, zudem ich die beiden sehr bewundere. Sellars ist so ein großartiger Regisseur, der in seiner Arbeit auch immer wieder aktuelle Themen reflektiert. Und Currentzis versucht stets etwas Neues zu entdecken und erarbeitet jedes auch noch so kleinste Detail."

Ist dieser "musikalische Röntgenblick" - er probt eine einzige Phrase oft 20 mal hintereinander - nicht enorm anstrengend?

"Natürlich! Aber letztendlich wollen wir alle diesen magischen Moment der Perfektion erreichen. Insofern ist es ein großes Vergnügen ihn auf dieser Reise zu begleiten, jeden Tag etwas Neues zu entdecken und sich von der Begeisterung und Leidenschaft für die Musik stets vorantreiben zu lassen."

Versöhnen und Vergebung ist das Thema der Oper. Titus zeigt sich gegenüber jenen, die ihn bekämpft haben - Vitellia, die Tochter des früheren Kaiser fühlt sich um ihren Thron betrogen, und zettelt einen Aufstand an - gütig.

"Die Oper befasst sich mit der Frage, wie man sich trotz Anfeindungen und Enttäuschungen im Leben noch gütig zeigen kann. Ein spannendes Thema, dass gerade in der jetzigen, von Krisen und Konflikten gebeutelten Zeit, sehr aktuell ist."

Vitellia handelt im Endeffekt auch nur aus ihrer Enttäuschung und zu tiefsten Kränkung heraus, bösartig.

"Sie ist eine Verletzte eine Verschmähte, die sich, um sich selbst zu schützen, zur Wehr setzt und erst am Ende bemerkt, welch schrecklichen Fehler sie begangen hat. Ich glaube jeden von uns ist es so schon einmal ergangen. Ok, wir würden aus einer Enttäuschung über eine gescheiterte Beziehung oder nicht in Erfüllung gegangene Liebe nicht gleich eine ganz Stadt abfackeln, aber zumindest das T-Shirt und die Bilder des Ex-Geliebten (lacht)."

Neben der körperlichen bringt diese Rolle mit Sicherheit auch ein enorme emotionale Herausforderung mit sich?

"Wenn man eine Rolle erarbeitet, wird man mit der Figur völlig eins, man identifiziert sich mit ihr. Deshalb ist es wichtig, sich nach den Proben und Aufführungen, im Alltag schnell wieder von dieser Rolle zu lösen. Ich versuche mich meistens mit Trash-TV wie z.B. "The Kardashians" abzulenken und auf andere Gedanken zu bringen. In erster Linie sind mir aber meine Familie und Freunde eine große Stütze."

Wie ist die Stimmung so kurz vor der Premiere?

"Nach der Orchesterprobe gab es diesen wunderbaren magischen Moment, der all die Herausforderungen und Mühen, denen wir uns stellen mussten, vergessen machten, und uns immens beflügelte. Jetzt scharren wir wie wilde Pferde in den Startlöchern und warten nur noch bis das Rennen in der Felsenreitschule endlich losgeht, und hoffen natürlich, dass auch das Publikum diesen magischen Moment spürt."

Bevor Sie sich dem Gesangsstudium widmeten arbeiteten sie bei Radio Kapstatt als Journalistin. Wann haben Sie sich letztlich für den Beruf der Sängerin entschieden.

"Es ist ganz lustig, als Journalistin habe ich um jede Story gekämpft und hatte mein Ziel genau vor Augen. Zum Gesangstudium musste man mich allerdings erst ein bisschen anstupsen. Eine Freundin hat mich letztlich dazu motiviert mich an der Juilliard School in New York zu bewerben"

Was fasziniert sie an Ihrem Beruf?

"Die Faszination liegt mit Sicherheit darin einen Charakter aus Noten und Worten zu ergründen, ihn musikalisch zu erarbeiten, ihn zu formen und mit ihm eins zu werden, das erfüllt mich! Es sind die Herausforderungen, der Trieb sich ständig verbessern zu wollen und etwas Neues zu entdecken, die ich an meinen Beruf so liebe. Es gibt doch nichts Schlimmeres als Stillstand im Leben. Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, wo man nichts mehr an sich verbessern kann, ist es an der Zeit zu sterben."

Ihre Karriereleiter zeigt steil nach oben. Was steht als nächste am Plan?

"2017/18 werde ich in Amerika eine Konzertreihe mit Haydns "Schöpfung" mit dem Cleveland Orchestra unter Franz Welser-Möst geben."

Sie haben mit ihm auch im Salzburger "Rosenkavalier" zusammengearbeitet. Was schätzen Sie an ihm?

"Ich liebe es mit ihm zu arbeiten, er geht auf jeden absolut ein, und steckt einem mit seiner Liebe und Begeisterung für die Musikförmlich an. Wie er mit den Sängern und Orchester arbeitet, grenzt an Magie."

Sie werden dieses Jahr auch als Pamina in der Zauberflöte unter James Levine an der Metropolitan Opera ihr Debüt geben!

"Es ist für jeden Sänger ein absoluter Traum dort aufzutreten, dass ich jetzt diese Chance bekomme sehe ich als meine nächste große Herausforderung!"

Tina Laske, Salzburger Nockerln.

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