Seitenbandeinriss

Vom Barhocker in die Unfallambulanz

Gesund
15.07.2017 06:00

Der wackelige Stuhl diente als Leiterersatz in der heimischen Küche, das Knie musste es büßen. Wie "Gesund"-Redakteurin Karin Podolak ohne Operation behandelt werden konnte und ihr dann trotzdem die Teilnahme am heurigen Frauenlauf gelang.

Als Gesundheitsjournalistin kenne ich natürlich die schnöden Zahlen: Fast 307.000 Menschen haben sich laut Kuratorium für Verkehrssicherheit im vergangenen Jahr im Haushalt verletzt. Das sind zwei Drittel aller Unfälle, die sich 2016 ereignet haben! Wie schnell das geht, Teil so einer Statistik zu werden, habe ich heuer im Frühjahr schmerzlich erfahren. Die Kurzversion: Ich bin vom Barhocker gefallen. Die längere Geschichte: Der Barhocker diente mir in der Küche als Leiterersatz, weil ich zu faul war, ebendiese aus dem Abstellraum zu holen. Schnell hinaufgeklettert, über Kopf mit gestrecktem rechten Arm in ein Kastl gegriffen, beim Hinuntersteigen nicht bedacht, dass die Sitzfläche so eines Stuhles höher ist als gewohnt, Gleichgewicht verloren, auf den Steinboden geknallt. Stich im rechten Knie, dumpfer Druck. Schon wenige Stunden später schossen mir die Tränen in die Augen, wenn ich nur versuchte, das Bein zu belasten.

Solcherart humpelnd fand mich Prim. Univ.-Doz. Dr. Thomas Müllner, Leiter der Orthopädie im Evangelischen Krankenhaus in Wien am nächsten Tag in seiner Ambulanz vor. Nach manueller Untersuchung war bereits klar, dass das innere Seitenband am rechten Knie geschädigt sein muss. Das MRT brachte endgültige Klarheit mit der guten Nachricht: "Nur" eingerissen, nicht ganz ab. (Für mich sah die Stelle am Computerbild irgendwie aus wie kaputte Teppichfransen). Also auch keine Operation. Prim. Müllner: "Meist sind Sportverletzungen beim Fußball oder Skifahren der Grund für einen Seitenband(ein)riss, oft auch unter Beteiligung von Kreuzband, Meniskus oder Schienbeinkopf. Die Verletzung passiert meist entweder, wenn sich das Knie verdreht oder wenn es nach innen wegkippt. Wir sehen auch immer wieder Hundebesitzer mit so einem Verletzungsmuster, wenn ihnen das Tier beim Spielen auf der Wiese mit vollem Schwung hineinläuft. Mein Tipp: Mit leicht gebeugten Knien stehen, wenn die Vierbeiner in der Nähe herumtoben."

Das Knie fixieren
Die konservative Therapie besteht aus dem Tragen einer Orthese, auch in der Nacht, zunächst mit fixiertem Knie, um die Stabilität zu gewährleisten und den Bandenden die Möglichkeit zu geben, wieder zusammenzuwachsen. In dieser Zeit ist Thromboseprophylaxe (Heparin-Selbstinjektion mit dem Pen) vonnöten. Ergänzend wird täglich zu Hause mittels Motorschiene, welche die Krankenkasse zur Verfügung stellt, passiv bewegt. Es handelt sich um ein Gerät, welches das Knie ohne eigenes Zutun je nach individueller Einstellung beugt und wieder streckt. Zwei Wochen später lockerte Prof. Müllner das Gelenk der Orthese, was mir das Gehen erleichterte und langsam wieder vorsichtiges Walking ermöglichte. Nach sechs Wochen gilt die Behandlung als beendet - der Muskel- und Trainingsaufbau aber noch lange nicht! Denn der Alltag muss wieder ohne Einschränkungen und Verletzungsanfälligkeit gewährleistet sein. Die beschriebenen Maßnahmen decken sich auch mit jenen nach einem chirurgischen Eingriff. Dabei wird das innere Seitenband dort, wo es abgerissen ist, fixiert. Moderne, minimal invasive Methoden stellen die Mobilität rasch wieder her, sodass auch Sport bald wieder möglich ist. Wer wissen will, ob er wirklich fit dafür ist, kann das mit dem "Back in Action"-Programm professionell überprüfen lassen.

Apropos: Skifahrerin und Fußballerin bin ich eh keine, aber den Frauenlauf, der heuer am 21. Mai sein 30-jähriges Jubiläum im Wiener Prater feierte, wollte ich auf keinen Fall versäumen! Tipps zum Aufbau steuerte Frauenlauf-Physiotherapeutin Maria Hinnerth bei: Gleichgewicht am Wackelbrett bzw. auf instabiler Unterlage verbessern, langsam gehen und laufen im Wechsel, Balancieren auf der Slack Line in niedriger Höhe. Ein stabilisierender Stütz-Kniestrumpf (den übrigens auch Basketballstar Dirk Nowitzki trägt, was kann da schon schiefgehen?) brachte mich dann beschwerdefrei ins Ziel. Und eines hab ich mir geschworen: Barhocker sind nur mehr zum Sitzen da!

Weitere interessante Themen am Samstag, 15. Juli, im GESUND-Magazin der Kronen Zeitung:

  • Golfen, Training für Jung und Alt
  • Was bei der Einnahme von Schmerzmitteln zu beachten ist
  • Erst Grillparty, dann Gichtanfall
  • Ernährungsmythen: Machen Smoothies wirklich schlank?
  • Kann man auf Licht allergisch sein?
  • Immer bessere Aussichten bei Herzschwäche

Karin Podolak, Kronen Zeitung

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