"Krone"-Reportage

Wie gefährlich ist der Linzer Hessenpark wirklich?

Oberösterreich
18.06.2017 10:55

Menschen haben Angst vor diesem Fleckchen Grün mitten in der Stadt Linz, der Kinderspielplatz dient als Versteck für Drogen. Warum ist die Lage im Linzer Hessenpark so brisant? Fünf Redakteure der "OÖ-Krone" waren am Freitag lange vor Ort, um dieser Frage nachzugehen - lesen Sie hier unser Minuten-Protokoll!

8.00 Uhr: "Hallo" - mit einem freundlichen Handschlag empfängt Milenko jeden, der frühmorgens in den Park kommt. Auch den ihm unbekannten "Krone"-Redakteur. Einer durch den Park gehenden jungen Verkäuferin des nahen Supermarkts ist diese Art der Freundlichkeit offenbar unangenehm. Sie weicht aus und geht schnell weiter.


8.30 Uhr: Das morgendliche Zusammenkommen der Park-"Bewohner" wird von Passanten mehr oder weniger beachtet. Die wenigsten gehen aber durch die Anlage, sondern rundherum.
10.00 Uhr: Eine Polizei-Streife nimmt ihren Platz ein. Der Wagen wird gut sichtbar beim Parkeingang auf der Seite der Bushaltestelle platziert. Seit einer Woche gibt’s von 10 bis 20 Uhr Dauer-Überwachung durch jeweils zwei Beamte. Tägliche Kosten laut Sicherheitsgebührenverordung: Exakt 1128 Euro! "Wir sind froh, dass die Polizei da ist, jetzt haben wir wieder unsere Ruhe", sagen dazu die Park-"Bewohner".
10.03 Uhr: Zivile Polizisten marschieren auffällig unauffällig in den Park. Die  leger gekleideten Beamten knöpfen sich ein paar "Stammkunden" vor. Diese müssen Taschen und Beutel herzeigen. Ein junger Mann öffnet den Gürtel seiner Hose und offenbart, dass er nichts zu verbergen hat, Hosensäcke werden nach außen gestülpt. Niemand regt sich auf.
10.10 Uhr: Ein Zivilpolizist inspiziert akribisch den Spielplatz im Park. Er sucht  nach versteckten Drogen.


10.40 Uhr: Der gebürtige Slowene Milenko grüßt die "Krone"-Redakteure erneut per Handschlag, fragt nach einer Zigarette. Zum Tausch offeriert er einen selbstgedrehten Joint, der dankend abgelehnt wird. Andere Parkgäste bitten auch um Zigaretten. Milenko brüllt zufrieden mehrmals "Hier regiert der SKV" und die Parole "Blau-weiß-Hooligan". Dann sieht er, dass zwei uniformierte Polizistinnen eine Frau mit Tasche kontrollieren. "Die gehört zu mir", schreit er und stürmt wütend in Richtung Amtshandlung.
10.55 Uhr: Zwei Müllmänner inspizieren die Abfalleimer und leeren sie. Sie tragen zum  Schutz stichfeste Handschuhe, um nicht von Nadeln verletzt  zu werden.
11.00 Uhr: Der Ordnungsdienst schaut kurz vorbei. Die beiden Männer werfen  einen Blick auf die Parkanlage, verlassen sich offenbar auf die Kollegen von der Polizei, sind schon wieder weg.


11.05 Uhr: Die fortwährend vor sich hin trinkenden Anwesenden haben schon leichte Koordinierungs- und Sprachprobleme. Vom nahen Penny-Markt holen sie Nachschub: Bierdosen und Magenbitter-Fläschchen.
11.45 Uhr: Die Szene verflüchtigt sich. Die Männer und Frauen machen sich davon - Sozialeinrichtungen versorgen sie mit Essen.


13.30 Uhr: Der Park füllt sich langsam wieder, bis zu 20 Personen, darunter ein halbes Dutzend Frauen, sitzen in Gruppen zusammen, einige halten ein Mittagsschläfchen. Die Polizeibeamten nutzen die Ruhe, einer schießt mit dem Handy ein Erinnerungsfoto vor dem Dienstwagen.
14.00 Uhr: Der Brunnen wird nach etwaig hineingeworfenen Münzen gecheckt - ohne Erfolg. Das kühle Wasser lädt aber zur Abkühlung in der Hitze ein.


14.04 Uhr: Es wird laut: Eine junge Frau und ein älterer Mann aus dem Park-Milieu kommen zwischen wartenden, irritierten Fahrgästen an der Bus-Station Hessenplatz wegen Drogen und Sex in Streit. "K., gib’ Ruhe", ruft eine Polizistin - um 14 Uhr erfolgte die Ablösung - über den Park. Die Situation ist sofort ruhig. Erledigt.


14.45 Uhr: Ein Mann in Begleitung seiner Tochter übergibt einem Park-"Bewohner" eine Pizzaschachtel. Picknick-Zeit unter dem Baum. Inzwischen untersucht eine Beamtin die Tragtaschen eines nachmittäglichen Neuankömmlings - nur ein paar Dosen Bier.


15.20 Uhr: Die beiden patrouillierenden Polizistinnen  laufen einem jungen Rucksackträger nach, halten ihn bei der Bushaltestelle fest. Nach einem kurzen Gespräch darf er weiter gehen.
15.51 Uhr: Bei den Spielgeräten, die an diesem Tag fast kein Kind anschaut, tauchen plötzlich drei Männer auf. Es soll sich um einen Dealer und seine zwei Helfer handeln. Nach kurzem Abchecken und einem Einzelverkauf verschwindet dieses Trio rasch wieder.


16.27 Uhr: Das Gewusel beim Brunnen mitten im Hessenpark  nimmt plötzlich deutlich zu. Es tauchen immer mehr Frauen auf, gleichzeitig auch Ausländer. Es wird gebusselt und gescherzt, fast wie in einer beliebigen  Schickimicki-Bar.
17.12 Uhr: Aus allen Himmelsrichtungen stoßen immer neue Parkbesucher dazu. Mittlerweile sind rund um den Brunnen fünf Bänke belegt. die Gespräche werden immer angeregter.


17.12 Uhr: Fast zeitgleich starten Polizei und Stadtwache einen neuerlichen Rundgang. Besonders die "Rotjacken" des Ordnungsdienstes haben es eilig. Sie sind flugs schon wieder weg.
18.20 Uhr: Der Wind frischt auf und vertreibt einige Besucher. Eine Oma und ihr  Enkelkind verlassen das Stadtgrün. Kurz darauf folgen  zwei Mütter mit einem Kinderwagen.  Die Kleinen spielen, die Mütter unterhalten sich. Aber: Alle halten sich nahe der diensthabenden Polizistinnen auf.


19.20 Uhr: Verwaist ist der Spielplatz, obwohl jetzt auch Familien da sind. "Das ist zu gefährlich, es könnte eine Spritze herumliegen", sind Anrainer besorgt. Sie gehen, ärgern sich aber nicht: "Es ist seit Jahren so."
19.40 Uhr: Der Alkoholspiegel steigt - und somit auch die Stimmung der im Park Anwesenden. Ein älterer Herr, er stammt aus Ex-Jugoslawien, dreht auf. Auf der anderen Seite des Parks sitzt jemand, den er nicht ausstehen kann. Er gestikuliert wild - so, als würde er sein Gegenüber zum Kampf auffordern. Auch jetzt ist die Polizei früh da, damit ja nichts passiert. Ein bisschen gutes Zureden reicht, um die Lage zu befrieden. Man sieht: Die Polizei leistet hier eine wichtige Arbeit, hat - zumindest an diesem Tag - alles zu jeder Zeit im Griff.


20 Uhr: Die Polizei verlässt den Linzer Hessenpark, die Nacht verläuft ruhig.

C. Gantner, R. Loy, J. Pachner, M. Schütz und M. Zeko, Kronen Zeitung

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