Schüsse in Virginia

“Er ist ein Verräter”: Schütze war Trump-Hasser

Ausland
15.06.2017 04:46

"Es war ein gezielter Angriff", sind sich Politiker in den Reihen der Republikaner und der Demokraten nach den Schüssen während eines Trainings der Kongress-Baseballmannschaften am Mittwochmorgen im US-Staat Virginia sicher. Seitdem liegt der 51-jährige republikanische Abgeordnete Steve Scalise mit lebensgefährlichen Verletzungen im Krankenhaus. Der Schütze, ein 66-jähriger Mann aus dem Bundesstaat Illinois, soll ein Unterstützer des demokratischen Präsidentschaftskandidaten Bernie Sanders und ein erbitterter Feind von US-Präsident Donald Trump sein.

James T. Hodgkinson soll sich in zahlreichen Leserbriefen über die Wirtschaftspolitik der Republikaner beklagt. Auf seiner Facebook-Seite heißt es unter anderem: "Trump ist ein Verräter. Trump hat unsere Demokratie zerstört. Es ist an der Zeit, Trump und Co. zu zerstören." Und: "Du bist wirklich das größte A*schloch, das wir jemals im Oval Office gehabt haben."

Sanders distanziert sich von seinem gewalttätigen Fan
Senator Sanders distanzierte sich mit klaren Worten von dem Schützen. Gewalt sei niemals ein Mittel in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung. "Echten Wandel kann es nur durch gewaltfreies Handeln geben. Alles andere ist nicht mit amerikanischen Werten vereinbar", heißt es in einem Statement von Sanders, der sich für die Demokraten um die Präsidentschaft beworben hatte, parteiintern aber Hillary Clinton unterlegen war.

Senator: "Massaker verhindert"
Sowohl Demokraten als auch Republikaner, die sich eigentlich am Donnerstag beim traditionellen Baseballspiel auf dem Eugene Simpson Sportplatz in Alexandria sportlich messen wollten, sind bestürzt. Senator Rand Paul sagte: Wäre die Polizei nicht da gewesen, wäre dieser Sportplatz ein Schlachtfeld geworden, "ein Massaker". Das FBI bestätigte, Polizei und Personenschützer hätten "einen großen Unterschied" gemacht.

Am Rande des Sportparks in Virginia hielt der Abgeordnete Joe Barton aus Texas seinen Sohn im Arm, als er die Polizisten und Scalises Leibwächter als Helden bezeichnete. Unter einem Auto habe sich sein Bub versteckt, als die Schüsse fielen. Dutzende seien es gewesen, vielleicht sogar mehr als hundert.

Alex Heimberg und Ryan Walsh waren zum Tatzeitpunkt gerade im YMCA-Fitnessstudio auf der Anlage. "Ein Mann kam die Treppe runter und rief: Auf dem Parkplatz ist ein Schütze, versteckt euch", schilderte Walsh gegenüber der dpa. "Dann hörten wir dieses Pop, Pop, Pop", sagte Walsh. Die beiden hätten sich sich im Umkleideraum versteckt, bis es sicher gewesen sei. Als sie nach draußen begaben, sahen sie zersplittertes Glas und viele Einschusslöcher. Ihren Eltern erzählten sie erst hinterher davon.

Noch in Trikot und Mütze sagte der republikanische Abgeordnete Chuck Fleischmann CNN: "Ich bin traurig. Traurig, weil meine Kollegen angeschossen wurden." Er habe sich immer sicher gefühlt auf dem Platz. Er wisse nicht, ob das in Zukunft noch so sein werde. "Es hätte auch mich treffen können."

Trump: "Ganze Nation betet für Scalise"
Seinen 71. Geburtstag hat sich Präsident Trump wohl ganz anders vorgestellt. Nun sieht er sich auf brutale Weise mit der Spaltung seines Landes konfrontiert. Er versicherte in einer Stellungnahme, dass die ganze Nation für Scalise bete. "Wir sind am stärksten, wenn wir vereint sind, wenn wir gemeinsam für das öffentliche Wohl arbeiten." Das Land ist seit dem Wahlkampf 2016 tief zerrissen, das Klima ist aufs Äußerste angespannt.

Wer war James T. Hodgkinson?
Viel ist nicht bekannt über den Schützen, der Scalise angeschossen und vier weitere Personen verletzt hat. Fest steht aber eines: Er war kein Fan von Donald Trump. Laut seinem Bruder Michael Hodgkinson siedelte der Täter erst nach der amerikanischen Präsidenschaftswahl Ende letzten Jahres in die Washington DC Gegend - angeblich aus Protest gegen den Gewinner der Wahl, Trump. Vor zwei Monaten, so die Frau des Täters, sei er dann nach Virginia gezogen. Der ehemalige Bürgermeister von Alexandria, wo das Unglück passiert ist, sagte gegenüber der Washington Post: "Ich habe James Hodgkinson im letzten Monat jeden Morgen im YMCA-Fitnessstudio gesehen. Er benutzte die Duschen und ich hatte den Eindruck, dass er obdachlos war. Er lebte aus seiner Sporttasche, er hatte alles in ihr, was er brauchte. Ich sah ihn, wie er stundenlang in der Lobby saß. Eigentlich hatte ich ihm geholfen, einen Job zu finden."

Langes Vorstrafenregister
Auch sein Vorstrafenregister lässt Böses über Hodgkinson erahnen: haufenweise Verkehrsübertretungen, gefolgt von einem Anruf bei der Polizei, in dem es hieß, Hodgkinson habe 50 Schuss abgefeuert - zwar in einem Waldgebiet, aber zu nahe an Wohnungen. Das war im März. Damals ließ die Polizei ihn gehen, denn er hatte einen Waffenschein.

Im Jahr 2006 wurde Hodgkinson mit mehreren Fällen häuslicher Gewalt belastet: Er soll eine 16-Jährige - womöglich seine Tochter - aus dem Haus einer Freundin entführt und das Mädchen bei den Haaren gezogen sowie geschlagen haben. Weiter soll er versucht haben, sie zu erwürgen. Laut Gerichtsunterlagen, so berichtet BBC, soll der Mann außerdem auf eine Freundin der 16-Jährigen geschossen und ein anderes Mädchen ins Gesicht geschlagen haben. Diese Anschuldigungen wurden aber fallen gelassen, weil keines der Opfer zum Gerichtstermin erschien.

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