Live in der Arena

Descendents lieferten pure Punkrock-Nostalgie

Musik
09.06.2017 13:30

Diesmal sind sie gekommen, um zu bleiben: Die US-Punkband Descendents hat seit den frühen 1980ern die Szene maßgeblich beeinflusst, gleichzeitig war ihre Karriere aber auch von langen Pausen geprägt. Seit gut sechs Jahren ist der Vierer wieder unterwegs und zwar höchst erfolgreich. Wie man mit Mitte 50 harten, schnellen und guten Rock spielen kann, bewies die Gruppe in der Wiener Arena.

(Bild: kmm)

Das Konzert am Donnerstagabend hatte etwas von Legendenschauen: Immerhin haben Schlagzeuger Bill Stevenson, Sänger Milo Aukerman, Bassist Karl Alvarez und Gitarrist Stephen Egerton nicht nur Fans rund um den Erdball mit ihren zweiminütigen Krachern glücklich gemacht, sondern nicht zuletzt Bands wie Green Day, Blink-182 oder NOFX geprägt. Melodischer Hardcore wurde auch dank ihnen und Songs wie "Everything Sux" oder "Hope", mit denen der sehr überzeugende Auftritt eröffnet wurde, salonfähig. Gut 80 Minuten, fast 40 Songs und ein enorm druckvoller Sound trugen das Übrige zum gelungenen Gesamteindruck bei.

Energie wie damals
Das Publikum feierte die Descendents von der ersten Minute an. "Die Energie ist eigentlich wie früher", meinte Egerton vor dem Auftritt im APA-Gespräch. "Zwar waren die Punkshows in den 80ern vielleicht eine Spur härter und aggressiver, weil die Leute teils echte Probleme hatten und das verarbeiteten. Aber es macht noch immer genauso viel Spaß." Das war den vier Herren auch anzusehen, gab Aukerman doch den augenzwinkernden Frontmann, während Alvarez und Stevenson das solide Rhythmusfundament lieferten und Egerton selbst ein Riff nach dem anderen ins Auditorium schleuderte.

Textlich konnte man sich über die bekannte Bandbreite der Formation freuen - von humoristischen Schnellschüssen wie dem "Weinerschnitzel" (sic!), religiösen Heuchlern in "Shameless Halo" oder einer ganz grundsätzlichen Nachdenklichkeit wie im eingängigen "Without Love". "Unsere Songs sind ja eigentlich kathartisch", erklärte Egerton. "Wir schreiben über die Dinge, die uns bewegen und beschäftigen. Insofern ist es eine Chronik unseres Lebens. Und offenbar können sich unsere Fans damit identifizieren." Da bleibt auch der Altersunterschied einerlei, Furzwitze und Liebeskummer sind offenbar allgemeingültig.

Gesellschaftsveränderungen
Was sich aber schon verändert hat, ist nicht zuletzt das Verhalten vor der Bühne. Wo früher nur das Moshpit regierte (und auch jetzt noch intensiv gepflegt wird), stehen heute Leute daneben mit gezückten Smartphones. "Was soll ich sagen? Wenn du ein gewisses Alter erreichst, erlebst du viele Veränderungen", nahm es Egerton gelassen. "Man kann sich über diese Dinge ärgern. Aber je älter ich werde, desto öfter denke ich mir: Ich sollte einfach die Klappe halten", lachte der Gitarrist. "Wir sind ja alle Teil dieser Gesellschaft, außerdem muss es mir ja nicht gefallen. Es ist, wie es ist."

Letztlich bleibt ein Descendents-Konzert ein Wohlfühl-Erlebnis, wobei die Band derzeit nur so vor Spielwitz und Energie strotzt. "Wir bringen bereits zwei, drei Generationen zusammen", zeigte sich Egerton nachdenklich, wobei er den vielen Pausen (meist durch die mittlerweile ad acta gelegte Wissenschaftstätigkeit von Sänger Aukerman bedingt) durchaus etwas Positives abgewinnen konnte. "Es ist vielleicht ein versteckter Vorteil. Für uns ging es immer um Musik, bei Milo hatte zeitweise die Wissenschaft Vorrang. Aber dadurch blieb seine Kunst für ihn sehr pur." Nun heißt es für die Punkgruppe aber: Volle Fahrt voraus, will man doch nicht wieder mehr als zehn Jahre bis zum nächsten Longplayer verstreichen lassen.

Freundschaft für immer
Und dass man sich darüber freuen sollte, bewies das im Vorjahr erschienene "Hypercaffium Spazzinate" eindrucksvoll. Album Nummer sieben gehört sicherlich zu den stärksten Werken der Descendents, die sich nach wie vor nicht um Hits scheren, sondern ihr Ding durchziehen. "Wir haben da eine ziemliche Freiheit und sind uns dessen auch bewusst", sagte Egerton. "Wir sind zufrieden mit unserem Level und es ist die richtige Mischung, was unser Privatleben betrifft. Wer mit seinen besten Freunden auf Tour gehen darf, muss sich einfach glücklich schätzen." Das schien am gestrigen Abend auch für die freundschaftlich verbundene Menge vor der Bühne zu gelten.

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