Jugendstudie

Fast jeder Vierte leidet an psychischer Erkrankung

Leben
18.06.2017 09:25

23,93 Prozent aller Jugendlichen in Österreich leiden aktuell an einer psychischen Erkrankung, über ein Drittel hat irgendwann in ihrem Leben eine solche - das sind die zentralen Ergebnisse der ersten österreichweiten Studie zur Prävalenz von psychischen Erkrankungen in Österreich.

Die vorliegende Studie, die unter der Leitung von Andreas Karwautz und Gudrun Wagner an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der MedUni Wien in Kooperation mit dem Ludwig Boltzmann Institut Health Promotion Research durchgeführt wurde, ist nicht nur die erste für ganz Österreich, auch ihr Spektrum ist bisher einzigartig.

340 Schulen nahmen an Studie teil
27 Krankheitsbilder wurden - erstmals weltweit - laut DSM-5-Katalog (Diagnostic and Statistic Manual of Mental Disorders) erfasst. Dazu wurden rund 4000 Jugendliche zwischen zehn und 18 Jahren in ganz Österreich befragt, 500 davon in persönlichen Interviews. Insgesamt nahmen 340 österreichische Schulen teil.

Unterschiedliche Störungsbilder
"Die häufigsten Störungsbilder betreffen Angststörungen, gefolgt von Störungen der psychischen und neuronalen Entwicklung und depressiven Störungen", fasst Kinder- und Jugendpsychiater Karwautz zusammen. Mädchen und Burschen zeigen unterschiedliche Störungsbilder: Männliche Jugendliche leiden drei Mal so häufig an psychischen und neuronalen Entwicklung (z.B. ADHS-Syndrom) und sechsmal so häufig an Verhaltensstörungen (z.B. Impulskontrolle). Weibliche Jugendliche hingegen kämpfen mit Angststörungen und zehnmal so häufig mit Essstörungen.

Nur jeder Zweite nimmt Hilfe in Anspruch
Ein weiteres Ergebnis der Studie: Nicht einmal die Hälfte jener Jugendlichen, die mindestens einmal im bisherigen Leben an einer psychischen Störung erkrankt ist, hat bisher fachgerechte Hilfe bei einem Psychiater in Anspruch genommen. Der Besuch beim zuständigen Facharzt hängt stark vom einzelnen Krankheitsbild ab: Rund 63 Prozent der befragten Jugendlichen mit ADHS waren beim Facharzt, bei Essstörungen waren es nur knapp 20 Prozent, noch weniger bei suizidalen Verhaltensstörungen (16,7 Prozent) und nicht-suizidalem, selbstverletzenden Verhalten (zehn Prozent).

Die Gründe dafür liegen laut Karwautz einerseits in der - immer noch bestehenden - Stigmatisierung der Erkrankungen und einer damit sehr hohen Hemmschwelle, sich einem Arzt anzuvertrauen, das unzureichende Verständnis der Bezugspersonen für psychische Erkrankungen, sodass das Problem oft gar nicht erkannt wird, aber auch die noch zu niedrige Anzahl an Kinder- und Jugendpsychiatern und der dementsprechenden Einrichtungen in Österreich, da das Sonderfach erst seit zehn Jahren existiert.

Fachgerechte Hilfe ist möglich!
Karwautz appelliert besonders an die Eltern, bei deutlichen Verhaltensänderungen des Kindes unbedingt die Hilfe eines Kinder-und Jugendpsychiaters/psychiaterin in Anspruch zu nehmen: "Sollte man eine Verhaltensänderung wahrnehmen, auch, wenn sich das Kind extrem zurückzieht oder Tics entwickelt, sollte man das vom Facharzt anschauen lassen. Und ganz wichtig: Je früher die Behandlung beginnt, desto besser die Prognose für die Zukunft."

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(Bild: kmm)



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