Chefin vs. Rebellin

Grünes Imageproblem live im ORF vergrößert

Österreich
10.04.2017 08:00

Am Sonntagabend stand die grüne Krise "Im Zentrum": Live auf ORF 2 wurde der Streit mit der eigenen Jugendorganisation erneut breitgetreten. Geladen bei Moderatorin Claudia Reiterer waren Parteichefin Eva Glawischnig, Flora Petrik von den (ehemaligen) Jüngen Grünen, PR-Berater Rudolf Fußi und Politikwissenschaftler Anton Pelinka. Gewonnen haben am Ende alle anderen Parteien. Highlight des Abends war ein etwas unglücklicher Fußball-Vergleich (siehe Video oben).

Die Grünen waren in den vergangenen Wochen bekanntlich in eine massive Krise geschlittert: Glawischnig wurde als Obfrau mehrfach öffentlich angezählt, man schmiss die rebellische eigene Jugendorganisation kurzerhand aus der Partei bzw. "erkennt sie nicht mehr an". Dann musste Glawischnig - die 48-Jährige leitet die Bundesgrünen seit nunmehr neun Jahren - auch noch wegen eines allergischen Schocks in die Notaufnahme.

Schadensbegrenzung dringend nötig
Folge waren wilde Spekulationen um etwaige Nachfolger - die meisten wurden, sobald ausgesprochen, auch schon wieder dementiert. Dass das alles eine Partei nicht gerade stärkt, liegt auf der Hand - die Grünen hatten am Sonntag jedenfalls die Möglichkeit, auf der großen ORF-Bühne Schadensbegrenzung zu betreiben. Die FPÖ ortete im Vorfeld gar eine "Therapiesitzung" und einen "Missbrauch" des öffentlichen Rundfunks.

Nutzen konnte die genervt und eisern wirkende Parteichefin diese zugegeben sehr geringe Chance letztlich nicht - was allerdings hauptsächlich an Petrik (22) lag, die ein weiteres Mal durchaus entschlossen als Kontrahentin auftrat und sich auch durch teils untergriffige Attacken kaum verunsichern ließ. krone.at hat einige Sager für Sie notiert.

"Ganz versteh ich nicht, warum Sie streiten"
Claudia Reiterer: "Ganz versteh ich nicht, warum Sie eigentlich streiten." Flora Petrik versuchte zu erklären: "Es ging darum: Wen unterstützen die Jungen Grünen bei einer ÖH-Wahl?" Und: Die Grünen seien zu einer jener Parteien geworden, gegen die man sich einst gestellt habe, so Petrik. Sie warf Glawischnig auch vor, die Jungen ohnehin immer ausgegrenzt zu haben und "die Studierenden" kleinhalten zu wollen.

Zwar setze man inhaltlich meist auf die richtigen Themen, es sei bei den Grünen aber eine "Demokratisierung" nötig, um verkrustete Strukturen aufzubrechen. Auch auf finanzielle Sorgen durch die Trennung von der Bundespartei wies die Chefin der Jugendorganisation erneut hin. Ihre Rücktrittsaufforderung an Glawischnig sei allerdings zu hart gewesen, gab Petrik ein weiteres Mal zu.

"Es kann nur ein Rapid geben"
Eva Glawischnig: "Es ging nie darum, dass nicht inhaltlich Kritik geübt werden soll. Es ging auch nie um die Rücktrittsforderung." "Gegenspieler" könne man aber nicht akzeptieren - Glawischnig wählte hier den Vergleich mit Rapid Wien (der Traditionsverein steckt derzeit selbst in einer schweren Krise). Es könne sich neben Rapid auch nicht noch ein weiterer Verein Rapid nennen, sagte die Grüne. Mit einer Organisation, die nicht einmal dazu in der Lage sei, zu sagen, "Wir kandidieren nicht gegen die Grünen", könne man nicht arbeiten. Die Parteichefin betonte auch, dass bezüglich der Finanzen längst alles schriftlich geregelt sei - hier müsse sich niemand Sorgen machen.

"Schattenboxen eines kleinen Haufens"
Rudolf Fußi - mit grünen Socken und gewohnt direkt - brach die grüne Krise auf eine "Machtfrage" und "Schattenboxen" eines "kleinen Haufens ohne Konzept" (Junge Grüne, Anm.) herunter, der im Grunde nicht ernst zu nehmen sei. Auch Anton Pelinka erklärte: Außerhalb der Partei interessiere dieser Konflikt niemanden - man verschieße seit dem Sieg von Alexander Van der Bellen bei der Bundespräsidentschaftswahl einen Elfmeter nach dem anderen. Es gebe hier nur einen Gewinner - die anderen Parteien.

Die Grünen müssten von der Partei wieder zur Kür werden, so Fußi. Wohnen, Bildung, Gesundheit, soziale Gerechtigkeit seien Themen, die man verstärkt aufgreifen müsse - und sich damit vom Image der abgehobenen Verbotspartei lösen.

"Da ist einiges schiefgelaufen"
Glawischnig fehlte sichtlich das Verständnis dafür, "das alles in der Öffentlichkeit auszutragen". "Was Kommunikation betrifft - da ist einiges schiefgelaufen." Petrik warf dennoch ein, dass man "gemeinsam weitermachen" wolle, da auch alle Länderorganisationen der Jungen Grünen das unterstützen würden.

"Wenn jemand unseren Namen verwendet, gehen wir dagegen vor"
Mit Glawischnig (bzw. Petrik) an der Spitze wird das wohl nichts: "Wenn irgendjemand unseren Namen verwendet, ohne von uns benannt zu sein, dann gehen wir dagegen vor", sagte die Parteichefin. Glawischnig betonte aber, dass sie weiterhin für die Zusammenarbeit mit Jungen Grünen aus den Ländern offen sei, nicht aber mit Petrik und ihren Vorstandskollegen.

"Voll motiviert"
"Ich möchte, dass wir in die Nationalratswahl gehen - als Alternative in Österreich", so Glawischnig. Sie habe das beste Ergebnis erreicht, das die Grünen jemals bei einer Nationalratswahl geschafft hätten, so die Parteichefin, die "so eine Motivation" verspüre, in den Wahlkampf zu gehen. Bis dahin haben die Grünen viel zu reparieren.

Heftige Reaktionen in den sozialen Medien
Auf Twitter und Facebook wurde die Konfrontation heiß diskutiert. Vor allem Glawischnig und Fußi wurden für ihr Verhalten scharf kritisiert. Selbst Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) ließ es sich nicht nehmen, sich über den Streit bei den Grünen lustig zu machen. Er kommentierte eine Twitter-Umfrage ("Braucht es die Grünen?" Antwortmöglichkeiten: "Nein", "Nicht wirklich", "Die SPÖ reicht", "Keine Ahnung") mit den Worten: "Das erste Mal, dass ich an einer Online-Umfrage teilgenommen habe."

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