Bedenken angemeldet:

Salzburger Bettelverbot steht vor dem Aus

Salzburg
16.03.2017 08:11

Paukenschlag in Bregenz und Salzburg: Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in einer Erkenntnis das Bettelverbot in Bregenz (Vorarlberg) teilweise aufgehoben und leitet für das sektorale Bettelverbot in Salzburg ein so genanntes Verordnungsprüfungsverfahren ein. Die Richter haben Bedenken, es droht die Aufhebung.

Die Vorgeschichte ist bekannt: Nach massiven Beschwerden, kriminellen Handlungen und sogar Fällen von brutaler Gewalt und Menschenhandel im Bettler-Milieu, beschlossen SPÖ, ÖVP und FPÖ in Salzburg ein sektorales Bettelverbot für Teile der Altstadt und Neustadt sowie in Lehen, das im Juni 2015 in Kraft trat und ein Jahr später ausgeweitet wurde. Eine Bettlerin wurde wenig später wegen des Verstoßes gegen das Verbot in der Getreidegasse mit 100 Euro bestraft und zog mit der Anwältin Fatma Özdemir-Bagatar, die aus einem Fonds der Plattform für Menschenrechte bezahlt wird, vor Gericht. Das Landesverwaltungsgericht gab ihr aber nicht recht, so landete der Fall vor dem Verfassungsgerichtshof. Und der sieht Bedenken bei der so genannten ortspolizeilichen Verordnung, die auf vielen Plätzen und Gassen auch das "stille" Betteln unter Strafe stellt.

Konkret formulierte es VfGH-Präsident Gerhart Holzinger so: "Das sektorale Bettelverbot in der Salzburger Innenstadt ist derart weitläufig, dass es einem ausnahmslosen Verbot des Bettelns gleichkommen könnte." Mit der eingeleiteten Verordnungsprüfung soll nun festgestellt werden, ob die ortspolizeiliche Verordnung so überhaupt halten kann. Salzburg hatte als erste Stadt in Österreich versucht, das Problem mit Gruppen vor allem aus den östlichen Ländern einzudämmen. Andere Städte folgten mit ähnlichen Durchgriffen. Doch bereits 2012 hatte der Verfassungsgerichtshof zum damalig gültigen Bettelverbot im Salzburger Landessicherheitsgesetz festgestellt, dass ein ausnahmsloses Verbot gegen den Gleichheitsgrundsatz und gegen die Freiheit der Meinungsäußerung verstößt.

FPÖ fordert erneut Einführung eines Verbots
Es sieht also nicht gut aus, die Entscheidung wird im Sommer erwartet. Zu jenem Zeitpunkt, wo sich die meisten Bettler in der Stadt aufhalten und ihr Glück versuchen. Erschwerend kommt hinzu, dass Teile des Bettelverbotes gleichzeitig vom VfGH in Bregenz aufgehoben wurden. Das Verbot des stillen Bettelns ist zwar während der Märkte in der Innenstadt weiter zulässig. Aber nur aus dem Grund, weil es eng beschränkt auf Platz und Zeit des jeweiligen Marktes ist (Stichwort in Salzburg: Schranne oder Christkindlmarkt). Für eine Ausdehnung des Verbots auf Veranstaltungen wie die Bregenzer Festspiele fehlt laut dem Verfassungsgerichtshof aber jede Rechtfertigung, gleich wie für ein generelles Bettelverbot von 0 bis 24 Uhr. SPÖ und ÖVP bleiben jetzt abwartend, die Bürgerliste sieht sich voll in ihrer massiven Kritik bestätigt. Die FPÖ fordert erneut die Einführung eines Verbotes des gewerblichen Bettelns.

Michael Pichler, Kronen Zeitung

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