Serie: Teil 7

Freigänger “in Freiheit”

Tirol
10.03.2017 15:43

Zehn von insgesamt 500 Häftlingen des "Ziegelstadls" sind derzeit Freigänger. Sie arbeiten bei Tiroler Unternehmen und kommen nur zum Schlafen zurück.

Für jeden Tiroler Unternehmer besteht die Möglichkeit, Insassen anzustellen. Firmeninhaber unterzeichnen dafür mit den Verantwortlichen der Justizanstalt einen Kollektivvertrag und überweisen das Gehalt auch direkt an sie. "Der Häftling erhält eine monatliche Arbeitsvergütung, den Rest des Betrages behalten wir", erklärt Raimund Höss, stellvertretender Leiter der JA.

Zwei Voraussetzungen müssen erfüllt sein

Die Vorteile, die sich dadurch für Unternehmen ergeben, sind: Zum einen stehen ihnen die Häftlinge sofort zur Verfügung. "Zum anderen entfällt für sie der Arbeitgeberbeitrag für die Sozialversicherung bei den Lohnkosten. Das macht eine Ersparnis von rund 50 Prozent aus", fügt Höss hinzu. Doch nicht jeder Insasse eignet sich auch als Freigänger. Es müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein. Höss: "Die Reststrafe darf nicht länger als ein Jahr sein und natürlich muss auch das Delikt, für das der Häftling verurteilt wurde, passen. Betrüger oder Unterhaltsschuldner haben gute Chancen, ein Vergewaltiger wird hingegen kein Freigänger."

Schlafplatz in Zelle bleibt

Ist der Arbeitsvertrag erstmals unterzeichnet, darf der Häftling jeden Tag in der Früh den "Ziegelstadl" allein verlassen. Er muss aber stets nach verrichteter Arbeit zum Schlafen wieder zurückkehren. Und auch die ärztliche Versorgung findet auf der anstaltsinternen Medizinabteilung statt. "Jene Freigänger, die ein Auto besitzen, können mit diesem auch zur Arbeit fahren. Denn die Lenkerberechtigung bleibt trotz der Strafe aufrecht", weiß Höss.

"Immer schwieriger, geeignete Häftlinge zu finden"

Die Justizwache-Beamten rücken regelmäßig aus, um im jeweiligen Unternehmen stichprobenartige Kontrollen durchzuführen. Das erledigen sie in Zivil, denn oft wisse nur der Chef Bescheid, dass es sich um einen Freigänger handelt. Den Mitarbeitern werde dieses Detail recht gern verschwiegen. Ist es schwierig, geeignete Häftlinge zu finden? "Mittlerweile schon. Du findest fast keine Insassen mehr, die die Voraussetzungen erfüllen und zudem auch handwerklich etwas können. Wir hätten derzeit noch sechs Freigänger-Plätze frei", sagt der stellvertretende Leiter.

Fußfessel als "Konkurrent"

Zudem zeigt die Fußfessel hier Wirkung, denn: "Fast all jene, die mit einer Fußfessel zu Hause sind, würden sich auch als Freigänger eignen. Das heißt, dass uns seit der Einführung des elektronisch überwachten Hausarrestes weniger Freigänger zur Verfügung stehen", sagt Höss.

Lesen Sie morgen: Der letzte Teil der Serie handelt von den vielen Betrieben innerhalb der Haftmauern.

Jasmin Steiner, Kronen Zeitung

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