Wilders im Vormarsch

Europa zittert vor dem “holländischen Trump”

Ausland
13.03.2017 06:19

Zwar tobt in den Niederlanden seit dem Wochenende ein offener Konflikt mit der Türkei um Wahlkampfauftritte türkischer Politiker, ansonsten geht es dem 17-Millionen-Einwohner-Land aber glänzend. Die Wirtschaft boomt, die Arbeitslosigkeit sinkt. Sogar das Verbrechen gerät aus der Mode, sodass der Staat seine Gefängnisse verkaufen kann. Auf der weltweiten Glücks-Rangliste stehen die Niederländer oben. Es geht "lekker", würden sie sagen. Dennoch gibt es Grund zur Sorge: Werden bei der Parlamentswahl am Mittwoch Unzufriedenheit und Unbehagen siegen?

Die Niederländer stehen vor der Entscheidung: Der Rechtspopulist Geert Wilders erzielt mit seiner hasserfüllten Politik gegen den Islam und Europa beste Werte in den Umfragen. Er will den Koran verbieten und Moscheen schließen. Die Marokkaner nennt er "Abschaum". Mit den Medien steht er auf Kriegsfuß, fast wie sein großes Vorbild, US-Präsident Donald Trump.

Anhänger geben ihm aus Protest ihre Stimme
Eigentlich müsste es keinen Grund zur Sorge geben: Wilders kann faktisch keine absolute Mehrheit erzielen. Für eine stabile Koalition sind mindestens vier Parteien nötig, und fast jede Partei hat eine Zusammenarbeit mit seiner Partei für die Freiheit (PVV) ausgeschlossen.

Und doch: Ein Wilders-Erfolg wäre nicht zuletzt ein böses Omen für Europa. Er könnte Rechtspopulisten in anderen Ländern zusätzlichen Auftrieb geben, und genau das will Wilders. Als absolutes Horrorszenario gilt ein Sieg von Marine Le Pen bei der französischen Präsidentenwahl.

Der Politiker mit der charakteristischen platinblonden Haartolle hat sich bislang im Wahlkampf kaum blicken lassen, weil er keine Lust hatte. Erst an den letzten beiden Tagen vor der Wahl will er mitmischen. Sein Kalkül ist, so sagen Wahlforscher, dass seine Anhänger ihm aus Protest sowieso ihre Stimme geben.

Gesellschaft ist gespalten
Wilders hat in den 14 Jahren auf der politischen Bühne schon längst Spuren hinterlassen. Er trieb die Regierungen vor sich her, und kein anderes Land in Europa ist derart ins andere Extrem umgekippt wie die ehemals superliberalen Niederlande.

Vor der Wahl sind die Niederlande zersplittert, die verbindenden Kräfte fehlen. 28 Parteien treten am 15. März an, für jeden ist etwas dabei: die Tierfreunde, die Pensionisten, rechte oder linke Christen, Migranten oder Unternehmer. "Es ist das Symptom einer gespaltenen, auseinanderfallenden Gesellschaft", mahnt der Kulturhistoriker Rene Cuperus.

Kurt Seinitz, Kronen Zeitung

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