Kultour

Ein Leben gefangen im Schachwahn

Salzburg
02.03.2017 16:15

Anlässlich Stefan Zweigs 75. Todestag zeigt das Salzburg Museum in Kooperation mit dem Theatermuseum Wien eine Ausstellung, die den Exiljahren des Autors gewidmet ist, und in dessen Zentrum sein letztes Werk "Die Schachnovelle" steht.

In der Schau "Ich gehöre nirgends mehr hin" wandelt man wie auf einen Parcours durch Zweigs Leben, der von seinen erfolgreichen und vor allem glücklichen Jahren in Salzburg (1919 bis 1934) über die düsteren Zeiten des Nationalsozialismus bis hin ins Exil nach Brasilien führt, wo er sich am 22. Februar 1942 das Leben nahm.

Ein prachtvoller rot-güldener Teppich, ein Zweig-Porträt vor seinem Haus am Kapuzinerberg, Fotos und sogar eine Wochenschau-Aufnahme von seinen Besuchen bei den Festspielen, sowie ein Brief voll des Lobes für den berühmten Schriftsteller vom damaligen Landeshauptmann Franz Rehrl, spiegeln die glorreichen 1920er Jahre, in denen Zweig bereits zu den meist übersetzte Autoren zählte, wider.

Briefe, in denen er die antisemitische Atmosphäre beschreibt, deuten jedoch schon auf Zweigs Abschied aus Salzburg (1934) hin. Gepackte Kisten voller Erinnerungen ein zusammengerollter Teppich lassen Böses erahnen und führen den Besucher von der schönen, eleganten in eine düstere von Hass, Tod und Verfolgung geprägte Welt.

Der Blick schweift von Gestapo-Mänteln auf Fleischerhaken an den Wänden zum Zentrum der Ausstellung, einem Modell des Hotel "Métropole", 1938 die Gestapo-Leitstelle Wien umfunktioniert und ein Ort der Folterungen und Qualen, wie sie auch Zweigs Hauptfigur Dr. B. in der "Schachnovelle" erlebte.

"Mit den Szenen, die sich dort abspielten, und die Dr. B. auf seiner Flucht nach Argentinien während des Spiels gegen den Schachweltmeister Mirko Czentovic einholen, setzte Zweig den Opfern des Faschismus ein Denkmal", so Ausstellungs-Kurator und Leiter des Stefan Zweig Centre Klemens Renoldner.

Rund um diesen Ort des Schreckens, in dem auf Tonbandaufnahmen ein damaliges Opfer seine Horror-Erlebnisse schildert, und auch der spätere Bundeskanzler Bruno Kreisky, der ebenfalls dort inhaftiert war, zu Wort kommt, sind wie auf einem Schachbrett schwarze und weiße Vitrinen arrangiert.

"Darin befinden sich Typoskripte, Erstausgaben Dokumente der ,Schachnovelle‘, Ausschnitte aus dem 1960 mit Curd Jürgens und Mario Adorf entstandenen Film, sowie ein brasilianischer Dokumentarfilm. Außerdem sind Vitrinen der Zusammenarbeit mit Richard Strauss (,Die schweigsame Frau’), seiner Freundschaft zu Sigmund Freud sowie seinem Engagement zu einem geeinten Europa ein auch jetzt hochaktuelles Thema gewidmet", so Renoldner und Peter Karlhuber vom Theatermuseum Wein.

Zweigs Abschiedsbrief befindet sich in der letzten Vitrine, die vor einem Bild mit einem Überfuhrschiff steht. Auf so einem verließ Zweig aber auch seine Romanfigur Europa und somit den Ort des Schreckens die Traumatisierung des Martyriums sind aber wohl beide nie los geworden.

Tina Laske, Kronen Zeitung

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