Das freie Wort

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21.10.2006 16:20
Das freie Wort
Einer unserer Leser, Herr Gerhard Lutz, aus Kolsass hat uns folgenden Brief geschrieben: "Ich würde gerne den übertriebenen Drang zu dichterischer Tätigkeit im Bereich der Leserbriefe der ,Krone´ zur Diskussion stellen. Die Themen sind ernst genug und gedanklich sehr gut aufbereitet, aber man kann sie doch durch meist eher kindlich anmutende Reimversuche nicht lustiger machen? Getrauen sich die ,Dichter´ nicht wirklich, ihre Ansichten klar und real unter die Leute zu bringen?"

Als Herausgeber der "Krone", an den täglich sehr viele Leserbriefe gerichtet werden, möchte ich dazu Stellung nehmen, um diese für Tageszeitungen wahrscheinlich überraschende Erscheinung zu erklären.

Es gibt ein geflügeltes Wort, "Frei im Dichten und Denken", das Dichter aller Zeiten, aber auch Reimschmiede für sich beanspruchen; natürlich ist es der Sinn aller Leserbriefe, frei die Meinung - und zwar die unabhängige Meinung - einer Zeitung zu schreiben. Goethe im Tasso: "Frei will ich sein im Denken und im Dichten. Im Handeln schränkt die Welt genug uns ein."

Goethe sagt an anderer Stelle: "Wer das Dichten will verstehen, muss ins Land der Dichtung gehen." Wo aber ist das Land der Dichtung, das Goethe meint? Es ist im menschlichen Herzen. Und wenn sich die Leserbriefseiten einer so großen Tageszeitung manchmal auch zu gereimten Briefen entwickeln, so sollte man dies als Zeichen verstehen, die vom Herzen kommen. Möge es sich dabei auch oft vielleicht um etwas ungelenke Reime handeln. Ist es nicht Verständnis und Anerkennung wert, wenn unsere Leser sich hinsetzen und Reime für ihre Mitmenschen verfassen. Darunter gibt es auch echte Gedichte. Wir, die "Krone", laden alle ein, mit Goethe in das von ihm gemeinte Land zu gehen, mögen die Schritte dorthin auch über Steine sprachlicher Unzulänglichkeit führen!

Hans Dichand





erschienen am So, 22.10.
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