Zeugen geladen

Der Finanzbeirat wurde jahrelang geleimt

Salzburg
06.02.2017 17:57

Mitte 2007 richtete das Land Salzburg unter Finanzchef Othmar Raus den Finanzbeirat mit zwei externen Experten ein, der nach eigenen Angaben nur Empfehlungen und Strategien für das Finanzmanagement des Landes aussprach. Wenige Monate später wurde dieses Gremium schon das erste Mal nicht informiert.

Alle sechs bis acht Wochen wurden die beiden Finanzexperten Utz Greiner und Lauri Karp nach Salzburg eingeflogen, 18.700 Euro ließ sich die Finanzabteilung diese Meetings samt Verpflegung auch im Jahr kosten. Neben den beiden war auch ExFinanzhofrat Eduard Paulus Mitglied, der die Empfehlungen der Beiräte gleich in Weisungen umwandelte.

Nur: Die beiden Strategen konnten empfehlen was sie wollten, die wahren Zahlen und Ausmaße der Geschäfte wurden ihnen offensichtlich vorenthalten. Dies war das erste Mal der Fall, als die sechs Swaps der Stadt den Besitzer wechselten und am 11. September zum Land wanderten. So wie in der Stadt gab es auch im Land wenige Beteiligte, die sieben Angeklagten dazu (es gilt die Unschuldsvermutung) sind bekannt. Über Jahre bewerteten Greiner und Karp nur das harmlose Portfolio des Landes, was Greiner nach Auffliegen des Skandals im Dezember 2012 zu einer treffenden Formulierung in einem Zeitungsinterview veranlasste: "Wir haben möglicherweise über mehrere Jahre ein Potemkinsches Dorf begutachtet."

Dass Kritik an der Risikofreudigkeit des Landes im Finanzbeirat nicht genehm war, bekam der Deutsche-Bank-Risikomanager Günther Lassak zu spüren, der selbst zwischen Juli 2007 bis Februar 2009 als nicht stimmberechtigter Gast im Gremium saß. Als 2009 die Deutsche Bank ein Geschäft mit Salzburg wegen der Risken und Vorgaben verweigerte, warf ihn Paulus kurzerhand aus dem Beirat. Den Höhepunkt der Desinformation erreichten die damals Verantwortlichen (Rathgeber war Monate zuvor schon die Vollmacht entzogen worden), als sie in Panik im Oktober 2012 den so genannten Firesale ausriefen zu dem Zeitpunkt als 253 Geschäfte im Portfolio auftauchten, die nach eigenen Angaben nicht bekannt waren.

253 Geschäfte im Auftrag der Politik
250 Millionen Euro sollen so versenkt worden sein, Greiner und Karp wurden ein weiteres Mal nicht um ihre Empfehlungen gebeten und hatten sich zurück gezogen. Das gaben die beiden wenig später und auch im vergangenen Untreueprozess auf Nachfrage von Rathgebers Anwalt Herbert Hübel bekannt. Greiner und Karp werden nun im aktuellen Stadt-Land-Deal-Prozess erneut als Zeugen geladen, genauso wie der ehemalige Deutsche-Bank-Berater Harald Kutschera, den Rathgeber 2007 um eine Bewertung der sechs Stadt-Swaps bat und sich über das schlechte Geschäft beschwerte. Kutschera ist auch jener Mann, der im Auftrag der Politik die 253 Geschäfte nach hastigen Bewertungen zur Auflösung brachte. Rathgeber sagte hingegen aus, dass sie die Swap-Übertragung bearbeitete, nachdem Paulus von Raus das Signal bekommen habe. Sie habe am Ende unterzeichnet, weil Paulus nichts damit zu tun haben wollte.

Michael Pichler, Kronen Zeitung

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