Bitterer Nachgeschmack

Nachrichten
16.10.2006 14:22
Das freie Wort

Am 12. Oktober war im Mittagsjournal ein recht interessanter Beitrag, in dem der Flughafenvorstand, Herr Kaufmann, ganz stolz erzählt hat, dass es für den nächsten Sommerflugplan eine Direktverbindung durch Delta Airlines nach Atlanta geben und dass es dadurch mehr Transitpassagiere geben wird. Weiters wurde auch ausführlich darüber berichtet, was die AUA dazu meint.


Was hier aber völlig untergegangen ist, ist, was zusätzliche Transitpassagiere und damit Flüge für die vielen Menschen in Wien und Umgebung bedeuten, die jetzt schon unter dem Fluglärm leiden.


Alleine in Liesing haben mehr als 10.000 Menschen innerhalb weniger Wochen dagegen unterschrieben. Insgesamt dürften bis zu zwei Millionen Menschen betroffen sein, von denen sehr viele vom Fluglärm um ihre Nacht- und Wochenendruhe gebracht werden, mit entsprechenden Auswirkungen auf ihre Gesundheit und auf ihre Leistungsfähigkeit. Von Kindern und bettlägrigen Menschen, die mehr Ruhe brauchen, gar nicht zu reden.


Es wäre hier also auch die Frage zu stellen, ob dieses Mehr an Transitpassagieren nicht wie vom Flughafen verkauft ein wirtschaftlicher Geniestreich, sondern vielmehr ein volks- und umweltpolitischer Schildbürgerstreich ersten Ranges ist.


Die vom Flughafenvorstand ja bereits früher ausgesprochene Einladung an die verschiedensten (Billig-)Fluglinien, den Flughafen Wien Schwechat als Umsteigeflughafen zu nützen, gleicht einer Einladung der ASFINAG an alle Frächter, die mit ihren alten Lastern Europa in Nord-Süd-Richtung überqueren wollen, durch Österreich zu fahren, um etwas Maut zu kassieren und die Bevölkerung dabei mit Lärm und Emissionen zu belasten. Eine dritte Piste entspricht in diesem Vergleich einer neuen achtspurigen Autobahn über die Alpen.


Für die Zukunft würde ich mir hier nicht nur ein einseitiges Wiedergeben der Marketing-Aussagen des Flughafens, sondern objektiven Journalismus wünschen, der auch die Schattenseiten nicht ausklammert!


PS: Alleine am 12. Oktober gab es neben den Starts mehr als 20 laute (weil tiefe) Landanflüge, die direkt über Mauer (städtische Grünruhelage!) gegangen sind - und das, obwohl es angeblich keine (neuen) Landeanflüge über Liesing gibt. Die Jubelmeldungen des Flughafens über neue Transitpassagiere erhalten unter dem Dröhnen der Flugzeuge den bitteren Nachgeschmack gefährlicher Drohungen. Auch von einer Einhaltung des Nachtflugverbots über Wien kann keine Rede sein, selbst um 22.10 Uhr ist noch nicht Schluss.




Dr. Martin Tögel, Wien
erschienen am Mo, 16.10.
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