Chinese in U-Haft

Staat muss Geschäftsmann 800.000 Euro zahlen

Österreich
19.12.2016 12:19

14 Monate lang saß ein aus China stammender Geschäftsmann wegen des Verdachts der Schlepperei in U-Haft. Zu Unrecht, wie ein Gericht befand. Für die Fehler von Polizei und Justiz muss nach jahrelangem Prozessieren jetzt die Republik Österreich geradestehen - und rund 800.000 Euro für den Geschäftsausfall des Chinesen berappen. Zusätzlich bekommt der Mann bis ins Jahr 2022 eine monatliche Rente in der Höhe von 2500 Euro aus der Tasche der Steuerzahler bezahlt.

Der aus China stammende Akademiker war im Jahr 2004 wegen des Verdachts der Schlepperei in U-Haft genommen worden, berichtete die "Presse". Auch die Exfrau des Geschäftsmannes, die gemeinsame Tochter und zwei Mitarbeiter wurden damals inhaftiert. Der Mann und seine Komplizen sollen, so die ersten Vorwürfe, illegal bis zu 2000 Menschen von Asien nach Österreich gebracht haben - und daran Millionen verdient haben.

Viele der vermeintlichen Musikstudenten, die allerdings nicht einmal den Vornamen Mozarts nennen konnten, seien laut Polizeikreisen in Chinalokalen und Massagesalons gelandet. Der Beschuldigte dementierte diese Vorwürfe vehement. Er beteuerte, dass seine Kunden sehr wohl zum Studieren gekommen und von seinem Unternehmen rund um die Uhr betreut worden seien. Das Service habe Anmeldung, Versicherungen und Unterbringung inkludiert.

Mann am ersten Verhandlungstag enthaftet
Doch vor Gericht sollte sich der Vorwurf der Schlepperei als haltlos entpuppen. Schon am ersten Verhandlungstag nach 14 Monaten Untersuchungshaft ließ der zuständige Richter den Geschäftsmann enthaften. Der Mann erhielt Haftentschädigung, womit die Sache jedoch noch lange nicht vom Tisch sein sollte: Weil auch das Geschäft des Mannes durch seine Inhaftierung völlig zum Erliegen gekommen war, klagte er 2,7 Millionen Euro ein. Die wichtigsten Mitarbeiter seien verhaftet, Unterlagen und Computer beschlagnahmt und Konten gesperrt worden, so seine Argumentation.

Streit um Gegenverrechnung alter Abgabenschulden
Die Klage ging daraufhin durch die Gerichtsinstanzen, auch weil der Bund, vertreten durch die Finanzprokuratur, unter anderem den Einwand erhob, etwaige Ansprüche gegenüber der Republik müssten mit Schulden - der Geschäftsmann wies einen Abgabenrückstand aus dem Jahr 2003 in der Höhe von 244.000 Euro auf - gegenverrechnet werden.

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen sprach dem Kläger zunächst rund 850.000 Euro (eine Nettosumme, weil die Ersatzansprüche nicht abgabenpflichtig sind) zu - wovon allerdings laut Gericht noch die alten Abgabenschulden abgezogen werden müssten. Zudem müsse die Republik dem Mann bis 2022 eine Rente von monatlich 2500 Euro für den Verdienstentgang als Geschäftsführer zahlen.

OLG Wien lässt Bund bei Abgabenschulden abblitzen
Das Oberlandesgericht Wien sprach dem Mann dann sogar noch eine zweite lebenslange Rente in der Höhe von 4100 Euro im Jahr für das fehlende Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit zu. Zugleich ließ das OLG Wien den Bund mit seiner Forderung nach einer Gegenverrechnung mit den alten Abgabenschulden abblitzen. Der Mann solle den Ersatzbetrag (laut OLG-Rechnung immer noch 809.000 Euro) zur Gänze ausbezahlt bekommen.

Zuletzt beschäftigte sich der Oberste Gerichtshof mit dem Fall und stellte fest, dass die Forderung des Staates nach einer Gegenverrechnung sehr wohl legitim sei. Während man etwa Schmerzensgeldansprüche nicht mit Abgabenschulden gegenrechnen dürfe, sei dies bei Ersatzleistungen für einen Verdienstentgang in Ordnung, so das Gericht. Auch die zusätzliche Rente für entgangene Gesellschaftserträge wurde vom OLG wieder gestrichen.

Somit müssen die Steuerzahler dem Geschäftsmann aber am Ende immer noch 809.000 Euro (abzüglich 244.000 Euro an Abgabenschulden) und bis 2022 eine monatliche Rente in Höhe von 2500 Euro zahlen ...

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