Rachau

Wipfelwanderweg ist jetzt ein Fall fürs Gericht

Steiermark
14.12.2016 18:30

Ein Tourismusprojekt, das eine obersteirische Region wachküssen soll. Ein Ex-Bürgermeister, der mehrere Positionen vereinte und dem nun vor Gericht Amtsmissbrauch und Untreue vorgeworfen werden. Das kommt Ihnen bekannt vor? Nein, es geht nicht um Fohnsdorf. Am Mittwoch begann in Leoben ein Strafprozess um den Wipfelwanderweg in Rachau.

Von 2007 bis 2009 wurde der Wipfelwandereg realisiert. Zu dieser Zeit war der 54-jährige Angeklagte, der sich nicht schuldig bekennt und vom kämpferischen Verteidiger Gerhard Kuntner unterstützt wird, sowohl Bürgermeister als auch Geschäftsführer der zur Gemeinde gehörenden Wipfelwanderweg GmbH ("ich hab’ das widerwillig gemacht, es wollte sonst keiner") und einer jener Grundeigentümer, deren Flächen benötigt wurden und die Pacht kassieren. Eine Konstellation, die Unschärfen begünstigt.

"Ich war kein Finanzexperte"
So soll der Angeklagte laut Staatsanwältin Viktoria Pölzl für die Errichtung einen hohen Kredit in Schweizer Franken (im Wert von 800.000 Euro) aufgenommen haben, obwohl der Gemeinderat nur einen Kredit in Euro genehmigt hatte und auch von der Gemeindeaufsicht in Graz diese Vorgabe kam. (Aufgrund der Währungskurse drohen am Ende der Laufzeit Verluste, diese Krot müsste nun nach der Fusion die Gemeinde St. Margarethen schlucken.) "Ich war kein Finanzexperte und habe mich auf die Berater verlassen", sagt der Angeklagte. Schlüssig erklären kann er die Sache aber nicht.

Einige weitere Anklagepunkte befassen sich eher mit Formalfehlern. So könnte bei einem weiteren Kredit ein Ziffernsturz passiert sein und so im Kreditvertrag geringfügig mehr Zinsen vermerkt sein als im Gemeinderat beschlossen. Auch dass der Gemeinderat nicht wie vorgeschrieben für jede einzelne Tranche der Landesförderung einen eigenen Gemeinderatsbeschluss fasste (dies später aber nachholte), wirkt eher wie ein Nebenschauplatz.

Brisante Fragen rund um Pachtverträge
Wesentlich brisanter ist die Frage der Pachtzahlungen. Laut einem vom Gericht bestellten Gutachter ist sie überhöht, zudem soll es nicht erlaubte Zuschläge geben. Vor Gericht muss nun geklärt werden, ob der Angeklagte quasi mit sich selbst die Höhe verhandelt, die Verträge unterzeichnet und die ersten Zahlungen veranlasst hat. Keine einfache Aufgabe für den Schöffensenat unter dem Vorsitz von Richterin Tanja Gutnik, denn einige Zeugen geben ein erschreckend ahnungsloses Bild ab.

Darunter ist der Nachfolger als Bürgermeister, der 2009 einen weiteren Kreditvertrag mitunterzeichnete: "Es wird ihn wohl keiner durchgelesen haben", meint er angesprochen auf den geänderten Zinssatz. Auch als Mitglied des Prüfungsausschusses dürfte er mäßig engagiert gewesen sein. "In irgendeiner Sitzung haben sie zwölf Ordner gebracht. Jeder hat einen genommen und durchgeschaut", berichtet er etwa.

"Ich weiß nicht, ob ich unterschrieben habe"
Auch wenig Erhellendes kommt von einem Kurzzeit-Geschäftsführer der GmbH: "Ich weiß nicht, ob ich damals die Pachtverträge unterschrieben habe", sagt er etwa. Aber auch: "Der Bürgermeister war damals mein Chef, ich habe das getan, was er mir gesagt hat."

Der aktuelle Geschäftsführer des Wipfelwanderwegs hat das Ruder dann im Jahr 2011 übernommen. Damals habe es "großen Handlungsbedaf" gegeben, es sei einiges aufzuarbeiten gewesen, sagt er. Und auch in Zukunft wird es nicht einfach werden: "So wie der Wipfelwanderweg konzipiert und finanziert wurde, wird er ein Zuschussbetrieb bleiben."

Am Freitag wird die Verhandlung mit der Einvernahme weiterer Zeugen fortgesetzt.

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