Politkowskaja-Mord

Geschworene verweigern öffentliche Verhandlung

Ausland
19.11.2008 21:53
Im Moskauer Prozess um den Mord an der regierungskritischen russischen Journalistin Anna Politkowskaja hat der Richter nun doch die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Der Richter nahm damit eine frühere Anordnung zurück, wonach das Verfahren gegen drei mutmaßlich in die Tat verwickelte Männer öffentlich sein sollte. Er habe dies damit begründet, dass die Geschworenen sich geweigert hätten, vor den Kameras der Presse den Saal zu betreten, sagte eine Anwältin der Familie Politkowskaja. "Aus unserer Sicht haben sie einfach Angst, ihre Pflicht zu erfüllen", sagte sie.

Politkowskaja wurde am 7. Oktober 2006 vor ihrer Wohnung in Moskau erschossen. Sie war vor allem als Kritikerin des damaligen Präsidenten Wladimir Putin sowie wegen ihrer Berichte über Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien bekannt geworden. Es war einer der spektakulärsten Mordfälle an Journalisten in der achtjährigen Amtszeit Putins, der inzwischen Ministerpräsident ist. Die Anwälte hatten sich für ein öffentliches Verfahren eingesetzt, um sicherzustellen, dass der politisch belastete Prozess gerecht und fair verläuft.

Kritik am Ausschluss der Öffentlichkeit
Sowohl die Verteidiger der Angeklagten als auch die Anwälte der Hinterbliebenen des Opfers haben die Entscheidung des Richters kritisiert. Wenn ein Geschworener seinen Eid geleistet habe, müsse ihm auch klar sein, dass er in seiner Funktion als Richter in der Öffentlichkeit stehe, sagte etwa die Anwältin der Politkowskaja-Familie, Karina Moskalenko. Auch der Chefredakteur der russischen Wochenzeitung "Nowaja Gaseta", Dmitri Muratow, hat die richterliche Entscheidungzum Öffentlichkeits-Ausschluss als "Schande" bezeichnet. Sie sei insgeheim getroffen worden, nur weil sich die Geschworenen geweigert hätten, in Anwesenheit der Presse zu erscheinen. "Das ist furchtbar", sagte Muratow, für dessen Zeitung Politkowskaja gearbeitet hatte. Er werde in seiner Zeitung dafür sorgen, dass der Prozess öffentlich gemacht werde.

In vielen russischen Strafprozessen ist es schwierig, genügend Schöffen zu finden, da die Laienrichter unter anderem Racheakte der Verurteilten fürchten. Am Montag hatte das Gericht zunächst für einen öffentlichen Prozess entschieden.

Angeklagte weisen jede Schuld von sich
Angeklagt sind wegen Beihilfe zum Mord zwei tschetschenische Brüder, weil sie Politkowskaja beobachtet und ausgeforscht haben sollen, sowie ein ehemaliger Polizist, der technische Hilfe geleistet haben soll. Alle drei bestreiten die Anschuldigungen. Der mutmaßliche Mörder Politkowskajas, Rustam Machmudow, ein weiterer Bruder der zwei tschetschenischen Angeklagten, ist weiter auf der Flucht. Menschenrechtler kritisieren, dass bis heute weder die Auftraggeber des Mordes noch die Geldgeber ermittelt wurden. Putin wies seinerzeit den Vorwurf zurück, dass die russische Führung in den Mord verstrickt gewesen sei.

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