Wiener Forscher:

Anatomie ließe Affen sprechen, ihr Gehirn nicht

Wissenschaft
10.12.2016 06:01

Im neuesten Aufguss der Filmreihe "Planet der Affen" kann sich der Primaten-Anführer bereits sprachlich mitteilen. Abseits der Fiktion ging die Wissenschaft bisher davon aus, dass Affen aufgrund ihrer Anatomie keine Sprachlaute bilden können. Das trifft laut Wiener Forschern auf Makaken nicht zu. Ihnen fehle es vielmehr an den nötigen kognitiven Fähigkeiten, berichteten sie im Fachblatt "Science Advances".

Jahrzehntelang herrschte in Fachkreisen die Meinung vor, dass die Tiere prinzipiell nicht zum Sprechen fähig wären, weil ihnen die dazu nötigen anatomischen Voraussetzungen fehlen. Diese hartnäckige Annahme fußte auf Untersuchungen an Vokaltrakten toter Affen. "Die wenigen Experten, die sich näher damit beschäftigten, glaubten das allerdings nicht. Es scheint sich hier um eine dieser modernen Mythen in der Wissenschaft zu handeln, die man auch in allen Lehrbüchern findet", sagte der Kognitionsbiologe Tecumseh Fitch von der Universität Wien.

Gemeinsam mit Kollegen aus den USA und Belgien hat sich Fitch nun die stimmbildenden Organe (Kehlkopf, Zunge und Lippen) von Makaken ganz genau angesehen. Bei ihren Analysen auf Basis von Video-Röntgenuntersuchungen haben die Wissenschaftler die Veränderungen im Mund und Hals der Primaten beobachtet, während sie Laute von sich gaben, fraßen oder lediglich ihren Gesichtsausdruck veränderten. Dabei wurde klar, dass der Vokaltrakt der Tiere um einiges flexibler ist als bisher angenommen.

Makaken können fünf Selbstlaute produzieren
"Wir konnten beobachten, dass sie fünf Selbstlaute perfekt verständlich produzieren konnten", sagte Fitch. Nicht darunter war etwa der Laut "i". "Trotzdem gibt es Tausende Worte, die sie auf Englisch oder Deutsch bilden könnten", sagte der Forscher. Wie sich das anhören würde, wollte das Team um Fitch und Asif Ghazanfar von der Princeton University (USA) mit Hilfe eines Computermodells des Stimmapparats der Makaken herausfinden: "Willst du mich heiraten?", ließen sie virtuelle Makaken beispielsweise auf Englisch fragen. Das klingt in der künstlichen Affensprache zwar gruselig und kehlig, ist aber ähnlich verständlich, wie in der Simulation einer menschlichen Stimme. "Auch wenn es ein wenig seltsam klingt", sagte Fitch.

Angesicht der neuen Erkenntnisse könne man nun also nicht mehr davon ausgehen, dass den Tieren die prinzipiellen anatomischen Voraussetzungen abgehen. Vielmehr fehlen ihnen die geistigen Voraussetzungen zum Erwerb einer wie auch immer gearteten Sprache sowie die kognitiven Fähigkeiten, um die dafür nötigen komplexen Lautkombinationen zu erlernen. Auf den Punkt gebracht, verfügen sie schlichtweg nicht über ein "sprachfähiges Gehirn". Umgekehrt zeige sich, dass der Mensch mit seiner Fähigkeit zum Sprechen nicht so alleine dasteht, wie oft vermutet. Man könne sogar davon ausgehen, dass viele Tiere, wie Hunde oder Kühe weit mehr Laute produzieren könnten als sie tatsächlich tun.

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