Hofer vs. VdB

So tobt der Präsidenten-Wahlkampf auf Facebook

Web
02.12.2016 09:42

Es ist das erste Mal, dass ein Wahlkampf in Österreich derart intensiv im Internet geführt wurde: In den sozialen Netzwerken, insbesondere auf Facebook, richteten sich die Kandidaten der Bundespräsidenten-Stichwahl am Sonntag direkt an die Wähler. Die Kommentare und Postings verstärkten der Eindruck der polarisierten Gesellschaft und des besonders schmutzigen Wahlkampfs. Experten sehen im Auftreten der Bewerber gezielte Strategien.

Für die Social-Media-Beraterin Judith Denkmayr verfolgt FPÖ-Kandidat Norbert Hofer einerseits die Strategie, an die FPÖ-Zielgruppe heranzukommen. Denkmayr: "Er kann die Fans und Friends of Fans von (FPÖ-Chef Heinz-Christian, Anm.) Strache mit Werbung und Inhalten targeten."

Andererseits gebe es die inhaltliche Strategie, jene zu überzeugen, die nicht klar für den Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen sind. Aus Sicht Denkmayrs hat sich Hofer immer sehr "präsidentiell" gezeigt. "Die angriffigen Postings und Inhalte der Kampagne liefen dagegen auf der Strache-Seite ab, um Hofer schadlos zu halten", so Denkmayr.

Hofer will volksnah wirken
Hofer kommuniziere auf Augenhöhe, wolle volksnah wirken, poste auch mal nicht ganz perfektes Fotos. "Seine Botschaft: 'Ich bin einer wie du und ich'", so Politikberater Thomas Hofer. Der FPÖ-Anwärter, aber auch Ex-Grünen-Chef Van der Bellen würden bewusst emotionalisieren, Van der Bellen etwa zuletzt mit dem Facebook-Video der Holocaust-Überlebenden Gertrude.

Für Denkmayr hat Van der Bellen auf Social Media vor allem kommuniziert, wer seine Unterstützer sind. Neben den Prominenten aus Kultur, Politik und Wirtschaft seien zuletzt auch weniger bekannte Personen hinzugekommen, etwa Van der Bellens Ehefrau Doris Schmidauer. "Das Video war ein Signal an die Frauen +55", sagt Denkmayr. Weiters habe Van der Bellen zunehmend seine "Tiroler" Seite präsentiert, "wohl um nicht der abgehobene Professor aus Wien zu sein".

Soziale Netzwerke als "Brandbeschleuniger"?
Laut Berater Thomas Hofer geht es auf Facebook vor allem darum, die User auf der emotionalen Ebene zu erreichen. "Die Emotionalisierung bedeutet eine garantierte Mobilisierung", so Hofer, "und Facebook ist vom Prinzip her ein Mobilisierungsmedium." Der Politikberater zweifelt allerdings, ob der Wahlkampf tatsächlich schmutziger geworden ist.

Die "asozialen Netzwerke" seien zwar ein "Brandbeschleuniger", allerdings würden Gespräche, die früher am Stammtisch geführt wurden, nun auf Facebook ausgetragen und somit nur sichtbarer. Hätte die Waldheim-Kampagne nicht 1986 sondern 2016 stattgefunden, wäre "das Ganze noch viel mehr abgehoben", glaubt der Experte.

Thomas Hofer sieht die Wahlkampf-Möglichkeiten, die Facebook Politikern bietet, allerdings auf Mobilisierung beschränkt, zumindest wenn man fast ausschließlich Sympathisanten anspricht. In den USA gehe man aber bereits ein Schritt weiter, indem man über Social Media versucht, auch Wähler des Kontrahenten zu adressieren, um diese zu demobilisieren - etwa indem man Zweifel sät oder Widersprüchlichkeiten herausarbeitet.

Hunderttausende Facebooks-Fans gewonnen
Beide Kandidaten haben Anfang des Jahres de facto ohne digitale Fanbasis begonnen, auch wenn die FPÖ laut Ansicht von Thomas Hofer mehr Erfahrung im Umgang mit Facebook hatte. FPÖ-Kandidat Hofer erzählte dieser Tage selbst am Rande einer Diskussionsveranstaltung, dass er mit 3000 Facebook-Fans in den Wahlkampf gestartet ist - nun "gefällt" seine Seite mehr als 304.000 Facebook-Nutzern. Bei Van der Bellens Seite drückten bisher 252.000 User den "Gefällt mir"-Button.

Das österreichische Start-up Storyclash, das sich auf die Analyse von sozialen Medien spezialisiert hat, hat die Facebook-Reaktionen zur Präsidentschaftswahl ausgewertet. Mit Blick auf den Zeitraum nach dem aufgehobenen zweiten Wahlgang liegt Hofer bei den Interaktionen (Kommentare, Likes, Shares etc.) knapp voran: Hofers 1,26 Millionen Interaktionen (50,7 Prozent) stehen im gleichen Zeitraum 1,22 Millionen Interaktionen (49,3 Prozent) bei Van der Bellen gegenüber.

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